Begriffsgeschichte der Verklärung : Im Bann der überirdischen Lichtgestalt
- -Aktualisiert am
Duccio di Buoninsegnas „Verklärung Christi“, gemalt für die Predella des Altars in der Kathedrale von Siena, 1311 Bild: Picture Alliance
Diese Strahlkraft verspricht einen Platz im Himmel: Markus Kleinert führt durch fünfhundert Jahre der Verwendung des Begriffs Verklärung.
Der 6. August ist in der katholischen Kirche seit 1457 der offizielle Feiertag der Verklärung Christi. Die Geschichte, an die damit erinnert wird, ist in drei der vier Evangelien nachzulesen: Eines Tages begab sich Jesus mit Petrus, Johannes und Jakobus auf einen Berg, wo seine Kleidung plötzlich in hellem Weiß erstrahlte und er selbst von innen heraus zu leuchten begann. Zudem erschienen zwei aus dem Alten Testament bekannte Propheten – Moses und Elias. Während Jesus mit ihnen sprach, legte sich eine Wolke auf den Berggipfel, und die Stimme Gottes erklärte, der strahlende Jüngling sei sein Sohn. Schon bald nahm Jesus aber wieder seine vertraute Gestalt an, und nachdem er seinen drei Begleitern eingeschärft hatte, einstweilen mit niemandem über den Vorfall zu sprechen, stiegen sie zu den übrigen Jüngern hinab, die in der Zwischenzeit erfolglos versucht hatten, einen epileptischen Knaben zu heilen.
Martin Luther bezeichnete dieses Ereignis in seiner Bibel-Übersetzung als die „Verklärung Christi“. Im Unterschied dazu wird in der griechischen Antike (und in den orthodoxen Kirchen des Ostens auch heute noch) der Ausdruck „metamorphosis“ verwendet. In der lateinischen Vulgata ist von einer „transfiguratio“ die Rede, und dieser Begriff ist in den romanischen Sprachen und im Englischen bis in die Gegenwart gebräuchlich. Anders als diese beiden Ausdrücke, die den Aspekt der Verwandlung betonen, steht das deutsche Wort „Verklärung“ in Beziehung zum Wort „klar“.
Irdisches Leid und göttliche Herrlichkeit
Jesus verwandelt sich bei seiner Verklärung nicht in etwas anderes, er zeigt sich, im Gegenteil, nur ganz klar als das, was er ohnehin schon ist. Er ist Gottes Sohn, und das erkennt man, noch vor der Bestätigung durch die Stimme, an seiner Erscheinung als überirdische Lichtgestalt. Für Luther, der dem Wort generell mehr Vertrauen schenkte als dem sichtbaren Phänomen, war diese „Klärung“ der göttlichen Natur des Jesus von Nazareth aber zugleich eine „Verklärung“, denn Jesus war ja nicht nur wahrer Gott, sondern ebenso wahrer Mensch, und als solcher hatte er bei seiner Kreuzigung nicht weniger zu leiden als jeder andere.
Irdisches Leid gehört jedoch nicht nur in der Person Christi untrennbar zu göttlicher Herrlichkeit, beides verbindet sich ebenso auch in der Hoffnung derer, die Christus für den Sohn Gottes halten. Für sie ist die kurzfristige Verklärung Jesu eine Gewähr dafür, dass sie selbst, so wie er, nach den Drangsalen des Erdenlebens und ihrem Tod beim Jüngsten Gericht wiederauferstehen und in den Himmel kommen. Im Jenseits wird also allen Christen eine andauernde und unwiderrufliche Verklärung zuteil. Dementsprechend unterscheidet Markus Kleinert in seinem „Versuch über die Verklärung in Kunst, Religion und Philosophie“ zwei Verwendungsweisen des Begriffs. Es gibt nicht nur die „vorübergehende Verklärung“, die nur einmal vor zweitausend Jahren stattgefunden hat und die Christus ganz allein betrifft. Es gibt auch die „endgültige Verklärung“, die alle Christen in einer noch unbekannten Zukunft nach ihrem Tod erwarten dürfen.