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Frauen in der Kirche : Ran an die Priesterinnenweihe!

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Wie ungerecht ist eine Tradition, die Jesus begründet hat? Das Thema Frauenweihe könnte auch diese Messdienerin einst beschäftigen. Bild: Michael Trippel/laif

Wer weiß, ob und wann sich ein Papst dazu durchringt, weibliche Priester zu weihen? Christiane Florin plädiert deswegen jetzt für einen „Weiberaufstand“.

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          „Ist die Kirche frauenfeindlich?“ scheint Christiane Florin so tautologisch gefragt zu sein wie „Ist der Papst katholisch?“. Dass es keine Päpstin geben kann, findet sie so offensichtlich ungerecht, dass sie sich die fehlende Aufregung darüber nur noch aus dem Bedeutungsverlust des katholischen Glaubens erklären kann. Früher, bevor der Gläubigenmangel den Priestermangel überholte, war das anders. Aber die alten Kämpferinnen sind müde geworden. Mit einem schlanken Paperback will Florin den Streit nun neu anzetteln. „2000 Jahre Patriarchatspraxis“ werde sie nicht kippen können, aber eines Tages werde sich „die Frauenfrage“ auch „für Saudi-Arabien stellen, und eben auch für den Vatikan“.

          Ihr beherztes, teils biographisches Buch in betont saloppem Ton trägt zur alten Diskussion keine neuen Argumente bei. Florins Zorn über Paternalismus und die Diagnosen klerikaler Überheblichkeit, die sich theologisch als Dienst ausgeben, sind dabei mitreißender als ihre Überzeugung, dass die einzige Antwort auf die „Frauenfrage“ der Zugang zur Chefetage sei. Sie selbst habe kein Exklusionstrauma zu bieten, nur Nadelstiche seien ihr immer mehr aufgefallen. Zwanzig Jahre lang setzte sich die promovierte Politologin einer Karriere in den kirchlich subventionierten Printmedien aus, bis sie 2015 zum Deutschlandfunk wechselte.

          „Per se andersartig“

          Als Deutschland Papst wurde, konnte Florin sich nicht mitfreuen. Dass im Durcheinander unkontrollierbarer Ratzinger-Rezeption das mediale Unisono der „links-lauen JugendarbeiterInnen der 80er Jahre“ kurzzeitig unterging, war ihr nicht geheuer. Selbst auf die Zölibatsverdrossenheit schien kein Verlass mehr. Doch mit Papst Franziskus kehrte für Florin die Hoffnung zurück: Endlich ein Papst, dessen Frauenbild über die „katholische Provinzialität“ hinausreiche.

          Auf die Frage nach Führungspositionen für Frauen im Vatikan gab der Papst zwar zu bedenken, dass viele der Priester bereits unter der Fuchtel ihrer Haushälterin stünden, doch Florin sieht es ihm nach, denn wenigstens seien Frauen für ihn nicht „per se andersartig“. Die „karnickelkritischen Sätze“ des Pontifex sind ihr Indikation, dass Frauen jetzt auch „andere Interessen als die Brutpflege“ haben dürfen. Nur eines enttäuscht sie tief: das von Franziskus bisher klar ausgesprochene Nein zur Frauenweihe.

          „Immer schon“ reicht als guter Grund nicht aus

          Für Florin bedeutet ungleiche Weihepraxis Diskriminierung. Die lehramtliche Darstellung geht hingegen von einer durch Jesus instituierten Tradition aus, die somit nicht sinnlos oder ungerecht sein kann. Der Einwand, dass die Auswahl männlicher Jünger gesellschaftlich konditioniert war, kontrastiert mit Instanzen, die einen Jesus zeigen, der sich im Umgang mit Frauen über gesellschaftliche Regeln hinwegsetzt. Die frühe Kirche kannte auch Priesterinnen aus anderen Religionen, passte sich aber nicht an. Für Florin bleibt von all dem nur das Ärgernis, dass hier „immer schon“ als guter Grund vorgetragen werde, Frauen nicht ernst zu nehmen.

          „Der Weiberaufstand“ von Christiane Florin
          „Der Weiberaufstand“ von Christiane Florin : Bild: Kösel Verlag

          Eine spezifisch katholische Theologie des Priestertums zieht Florin dabei nicht in Betracht, was ihr theologische Finessen erspart. Dafür trägt sie das Argument vor, Jesus habe auch keine Männer „geweiht“ - ein Ausläufer der These, dass Jesus überhaupt keine Priester wollte. Ob eine Veränderung der kirchlichen Praxis eine neue Perspektive auf Frauen eröffne oder nur ein anderes Priesterbild schaffe, fragte sich in der anglikanischen Debatte bereits C. S. Lewis. Die Moderatorin Katrin Bauerfeind, die Florin als Beobachterin zu Rate zieht, geht es anscheinend ähnlich: Auf sie wirke die Situation in der evangelischen Kirche so, „als würde man beim Stierkampf jetzt auch Kühe zulassen“.

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