LGBT-Bewegung : Zwischen Fortschritt und Zwiespalt
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LGBT: Obwohl sich die Lage bereits verbessert hat, schockiert die weltweite Lage weiterhin. Bild: EPA
Hat sich in der letzten Zeit die Lage für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender gebessert? Auf jeden Fall. Trotzdem erschreckt die weltweite Lage immer noch.
Im Frühjahr 2017 identifizierten Polizei und Sicherheitskräfte in Tschetschenien mit Hilfe einer Dating-App etwa hundert homosexuelle Männer, verhafteten sie, schleppten sie in Lager und folterten sie. Wladimir Putin leugnete die Vorfälle, und der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow teilte mit, dass es in seinem Land gar keine schwulen Männer gebe. Man wünschte, diese Aktion sei ein trauriger Einzelfall. Aber obzwar sich die Lage für „Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender“ – dafür steht die dem Englischen entnommene Abkürzung LGBT – in vielen Ländern gebessert hat, erschreckt die weltweite Lage weiterhin.
Auch heute noch ist Homosexualität in achtundsiebzig Ländern verboten, in acht Ländern sogar unter Todesstrafe gestellt. Jährlich werden Tausende von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und umgebracht. Auch in westlichen Staaten wird mit sexuellen Orientierungen sehr unterschiedlich umgegangen.
Im Nachtrag zu ihrer Bestandsaufnahme der Erfolge und Bedrohungen der LGBT-Bewegung merken Dennis Altman und Jonathan Symons an, das Buch vor der jüngsten Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten geschrieben zu haben, als noch der Sieg Hillary Clintons erwartet wurde. Mittlerweile schärft Donald Trump als Präsident Ressentiments gegen Homosexuelle und Transgender-Personen. Neben politischen sind es auch die religiösen Eliten, deren Stellungnahmen von Bedeutung sind. Fundamentalistische Religiosität in vielen Weltteilen im Blick, merken die Autoren zu Recht an, dass queere Rechte auch in Zukunft nicht ohne Widerstände errungen werden können.
Altman und Symons sehen sich auch an, wie der Umgang mit LGBT-Rechten als politisches Instrument in Wahlkämpfen eingesetzt wurde und wird. Sei es von George W. Bush, der den Angriff auf die gleichgeschlechtliche Ehe zu einem zentralen Element seiner erfolgreichen Wahlkampagne machte. Oder von David Cameron, der in seiner Zeit als Premierminister die Möglichkeit aufbrachte, bilaterale Hilfen für diejenigen afrikanischen Länder auszusetzen, die Homosexualität unter Strafe stellen. Die Stärke des Bandes liegt darin, den Umgang westlicher Gesellschaften mit Homosexuellen bündig zu umreißen. Einerseits wird in ihnen da und dort die gleichgeschlechtliche Eheschließung durchgesetzt, andererseits formieren sich Gruppierungen, die offen gegen Lesben, Schwule und Transgender auftreten. Dieser Zwiespalt ist es, der die Bilanz der LGBT-Bewegungen prägt.
Die Autoren lassen sich von keiner Chronologie bändigen, leiten etwa vom 21. Jahrhundert unmittelbar in die Zeit des Nationalsozialismus über. Trotz solcher Sprünge ist ihr Buch aber keine aufgeregte Streitschrift. Es wird weder frustriert noch anklagend nach Schuldigen gesucht, sondern von Diskriminierungen berichtet. Auf sie hinzuweisen ist für die beiden Autoren eine wirksame Form von politischem Aktivismus.