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„Schlinkepütz“ als Kinderbuch : Pünktlichkeit ist die Vornehmheit der Frotteemonster

Susan Kreller: „Schlinkepütz, das Monster mit Verspätung“. Illustriert von Sabine Büchner. Carlsen Verlag, Hamburg 2016. 80 S., geb., 14,99 €. Ab 5 J. Bild: Carlsen Verlag

Mit Schlips, Charme und Marotten: Ein Vorlesebuch versammelt Susan Krellers Geschichten des Monsters Schlinkepütz aus der Kinderzeitschrift „Gecko“.

          4 Min.

          Geschichten für Kinder, die gerade dem Bilderbuch entwachsen, brauchen eigentlich gar nicht viel, nicht einmal richtig gute: eine Hauptfigur zum Gernhaben mit ein paar Eigenheiten zum Wiedererkennen und ein paar anderen für die Kuriosität, ein paar Anlässe für Begegnungen, Bemühungen, unkonventionelle Lösungen - und eine handverlesene Reihe wiederkehrender Gags zum Spaß. Warum gibt es trotzdem so viele Bücher dieser Art, die angestrengt, langweilig oder überzogen wirken? Weil es eben doch noch auf ein paar Kleinigkeiten ankommt, die sich nicht so einfach in ein Erfolgsrezept schreiben lassen: Erzähllust, Sprachgefühl und Wortwitz gehören dazu.

          Fridtjof Küchemann
          Redakteur im Feuilleton.

          Schlinkepütz ist so eine Hauptfigur zum Gernhaben, ein Monster, gegen das sich - aus Monstersicht: fast - nichts sagen lässt, beherrscht es doch „alle Hundsgemeinheiten, die ein Monster zu beherrschen hatte: Es grüßte manchmal nicht zurück, erschreckte alte Frauen in der Straßenbahn und rülpste nach dem Cola-Trinken wie ein Sommergewitter“. Und bevor die jungen Zuhörer der erwachsenen Vorleser, die diese Geschichten selbst mit kindlichem Vergnügen lesen, erfahren, dass Schlinkepütz auch noch gern Triangel spielt (wie alle Monster) und sich ab und zu ein paar Zähne putzt, ist das Monster mit dem haifischblauen Fell dort angekommen, wohin es gehört: in ihrem Herz. Zumindest ganz in Reichweite.

          ein Problem, das  die Mitmonster verzweifeln lässt

          Die Monströsitäten, die den Lesern als „Hundsgemeinheiten“ versprochen wurden, entpuppen sich als wohlbekannt aus dem eigenen Verhalten, harmlos oder sogar bewundernswert: Sofort ist der Kontakt zu den Kindern da. Als Erstes ist Schlinkepütz, eine Schöpfung der Autorin Susan Kreller, mit schöner Regelmäßigkeit in der Kinderzeitschrift „Gecko“ aufgetaucht. Und zwar schon seit drei Jahren. „Gecko“ erscheint alle zwei Monate als Fundgrube ausgesuchtester illustrierter Vorlesegeschichten für vier bis acht Jahre alte Kinder, dazu gibt es Sprachspiele, Rätsel und Alltagsexperimente. Nur Werbung hat hier keinen Platz. Wie angenehm!

          Jetzt hat der Carlsen Verlag sechs Geschichten, allesamt in idealer Vorleselänge, aufs Schönste illustriert von Sabine Büchner, zu einem Buch gemacht. Das Monster hat Geburtstag, einen Ohrwurm oder Anlass zum Aufräumen, versucht sich als Briefträger oder Babysitter. Und es hat ein Problem, das seine Mitmonster zur Verzweiflung bringt: Unpünktlichkeit. Strengstens verboten unter Monstern. Einfach nicht monsterlich. Doch sosehr es sich auch bemüht: beim Arzt glaubt man Schlinkepütz einfach nicht, dass sich sein Wecker einen Zeiger gebrochen hat und deshalb nicht klingeln konnte. In der Straßenbahn verpasst er den Ausstieg, nachdem er ein Stück Stinkekäse in der Tasche eines arglosen Menschen versteckt hat, wie es ein Monstergesetz einfach hin und wieder verlangt. Und als er zu spät zum Triangelunterricht kommt, ist die Musikschule sogar geschlossen. Wegen Verärgerung.

          Eine Höhle aus lauter Glück

          Armer Schlinkepütz! Entmutigt und erschöpft sinkt er vor der Eingangstür irgendeines Hauses auf die Schwelle. Und hat Glück: Just hier wird er zum Spieleabend erwartet, den er ganz vergessen hatte. In drei Minuten soll es losgehen. Schlinkepütz ist Erster und wird von den nach ihm eintreffenden Mitspielern ob seiner Pünktlichkeit bestaunt.

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