Mit Rechten reden : Mit der Kraft des besseren Arguments?
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Hier ging die Kommunikation schief: Auftritt des AfD-Politikers Björn Höcke bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Bild: dpa
Mit Rechten reden – Per Leo, Maximilian Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn glauben als Volkspädagogen zu wissen, wie man das macht. Doch so einfach wird das Rezept nicht aufgehen.
Spontan mag die nach Aufforderung klingende Titelaussage dieses Buches irritierend anmuten: Mit Rechten reden? Tun wir doch schon die ganze Zeit! Zumal in Sachsen, wo die AfD bei der letzten Bundestagswahl fast jede dritte Stimme geholt hat, aber etwa auch in manchen Landstrichen Niederbayerns oder Württembergs lässt es sich alltagspraktisch gar nicht vermeiden, mit Rechten zu reden: beim Bäcker und am Kiosk, tagsüber bei der Arbeit und abends im Sportverein.
Doch solch unfreiwilligen Austausch meinen die drei Autoren dieses „Leitfadens“ selbstverständlich nicht. Und der Titel ihres Vademecums zielt auch nicht auf den Sachverhalt, dass in der politischen Kommunikation mittlerweile ständig mit den Rechten geredet wird – nämlich mit Versatzstücken einer rechten Semantik, die allerdings kaum mehr als solche wahrgenommen wird, so sie nur aus der Tiefe des „bürgerlichen“ Raums kommt. Nein, den Herren Leo, Steinbeis und Zorn geht es um mehr. Sie wollen der rechten Praxis der Provokation linken Widerspruchs mit einer Anleitung für den intellektuellen Streit auf Augenhöhe begegnen.
„How to talk with North Korea“ war jüngst ein Beitrag in der „New York Times“ überschrieben, der freilich nicht viel mehr tat, als an das gute alte Diplomatenlatein zu erinnern, wie es im Ost-West-Konflikt über Jahrzehnte hinweg unterhalb des eisigen Kalterkriegsschweigens praktiziert wurde. Die drei von der Zankstelle aber sind keine Diplomatensöhne, sondern streben nach Höherem. Und zwar danach, das „Sprachspiel“ der Rechten zu enttarnen und rechts Redende geschickt auflaufen, gewitzt in die Leere laufen zu lassen.
Rechte Stereotype im Vorübergehen affirmieren
Um es kurz zu machen: Jenes „klassische Eigentor“, welches die als ambitionierte Spielgestalter auftretenden Leitfadenentwickler wortreich einer angeblich immer bloß die Moralkeule schwingenden Linken attestieren, schießt das durchweg ohne Vornamen auftretende Diskursterzett hier höchst kollektiv-persönlich. Und das liegt nicht nur daran, dass Leo Steinbeis Zorn in ihrem offenbar zügig dahingeschriebenen Buch das eine oder andere rechte Stereotyp mal eben im Vorübergehen affirmieren, von der vermeintlich herrschenden „Moralzensur“ bis zur behaupteten ideologisch-diskursiven „Übermacht der Linken“ seit dem Zweiten Weltkrieg (!).
Es liegt vor allem an einer beeindruckenden Selbstüberschätzung der drei als Historiker, Jurist und Philosoph firmierenden Berliner Volkspädagogen. Die Grundidee ihres Werkes zielt darauf, die Rechten als Beziehungsproblem zu verstehen: Ohne die Linken seien sie nichts. Das rechte Denken brauche die Linke als seinen Gegenpol, um überhaupt bestehen zu können. Folgerichtig – Argumentationslogik ist in diesem Buch alles – bedarf umgekehrt die Linke existentiell der Rechten, und nicht zuletzt deswegen gehe sie ihr wohl so penetrant auf den Leim des permanenten Wechselspiels von rechter Provokation, linker Empörung und neuerlicher rechter Provokation.
Faktisch betreibe die Linke damit, so die kritische Diagnose, das Spiel der Rechten – wo es doch vielmehr gelte, dieses zu durchkreuzen. Eben dafür fahren die Autoren schweres Geschütz auf, insbesondere einen veritablen Grundkurs Erkenntnistheorie, den sie freilich in leichte, ja popkulturell satisfaktionsfähige Sprache packen – scheinen sie jedenfalls selbst zu meinen, immerhin wird einer der drei ja im Klappentext auch als „Bestsellerautor“ ausgewiesen.