Marcel Reich-Ranicki hat von möglichen Optionen vor allem eine gewählt: das Gute an Deutschland herauszustellen. Nicht Mahner zu werden, nicht Rächer, nicht Kritiker der Deutschen, nur Literaturkritiker. Ein Abschied.
Wir hätten noch so viele Fragen gehabt. Marcel Reich-Ranicki ist gestorben. Uns bleibt, außer einer großen Traurigkeit, das Staunen über diesen wunderbaren Mann.
Marcel Reich-Ranicki, in Frankfurt mit der Börne-Ehrenmedaille für sein Lebenswerk ausgezeichnet, hat die neuere deutsche Literatur geprägt wie kein anderer Kritiker. Und uns, seine Leser. Auszüge aus der Preisrede von Frank Schirrmacher.
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Bleibe guter Geist ihm hold: Das Jüdische Museum Frankfurt gratuliert Marcel Reich-Ranicki mit einer Ausstellung. In Bildern und Dokumenten lässt sie wichtige Stationen zu Leben und Karriere, also die Spitzen des Zentralmassivs Reich-Ranicki Revue passieren.
Marcel Reich-Ranicki, an diesem Montagabend bei „Beckmann“ zu Gast, befürchtete das Schlimmste und ging voller Angst in den Kinosaal. Doch die Verfilmung seiner Biografie „Mein Leben“ ist ein Glücksfall. Sie zeigt die exemplarische Biographie des Menschen jagenden 20. Jahrhunderts.
Eigentlich wollte sie Reich-Ranicki nach der Verleihung des Deutschen Fernsehpreise nur „danke“ sagen. Der Abend wurde dann aber so schrecklich, dass sich Elke Heidenreich zu schämen begann, auch für ihren Haussender. Die zornige Reportage von einem Verdummungsabend - mit 88 Jahre alter Lichtgestalt.
Seine Urteile sind gefragt und gefürchtet. Der Schriftsteller Siegfried Lenz berichtet über den Tag, an dem Marcel Reich-Ranicki ihn in Hamburg besuchte und spontan entschied: „Ich bleibe hier“. Das war vor genau 50 Jahren. Seitdem ist Literatur in Deutschland eine öffentliche Angelegenheit.
Der Sisyphos der Literaturkritik: Marcel Reich-Ranicki nimmt Abschied vom „Literarischen Quartett“ - mit der Besprechung eines Debüts aus dem Jahr 1774.
Was immer Mit- und Nachwelt in diese Erinnerungen hineinlesen werden: Marcel Reich-Ranicki hat eine der schönsten Liebesgeschichten des Jahrhunderts geschrieben.