Der Krieg hinter den Bildern
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Die Künstlerin und Schriftstellerin Cemile Sahin Bild: Paul Niedermayer/Aufbau Verlag
Cemile Sahin wird als Künstlerin und als Schriftstellerin gefeiert. Ihr Debütroman „Taxi“ war etwas Neues in der deutschen Gegenwartsliteratur. Jetzt kommt der neue – über die Frage, wie Gewalt darstellbar ist.
Was man sieht, ist: fast nichts. Nur ein Parkdeck, irgendwo auf einem Hochhaus. Eine Reihe schwarzer Mittelklasselimousinen ist dort zu sehen, klassische Angestellten-Autos, eine große Limousine (Chef?), ein Kleinwagen (Praktikant?), dazu ein paar SUV. Es ist Winter – da liegen Schneereste, zusammengedrängt an den Rändern der Parkplätze. Das Wort „One way“, in weißen Buchstaben auf den Beton gedruckt, befiehlt die Fahrtrichtung. Den Fahrzeugmodellen nach muss das Bild irgendeinen Ort in Nordamerika zeigen. Das Auge sucht es nach Bedeutungen ab: Warum bitte zeigt man uns das jetzt? Was passiert hier? Sitzt da einer in dem burgunderroten Honda, und wenn ja, warum?
Mit so einem Bild könnte eine Netflix-Serie, ein Thriller beginnen; so sehen die Momente aus, bevor man die Leiche, irgendetwas Furchtbares in einem Kofferraum entdeckt. Weil es nicht sein kann, dass dort nichts passiert, ist das Bild umso unheimlicher. Es muss dort etwas sein, was wir übersehen haben, sonst würde man es uns nicht zeigen.
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