Die große französische Lüge
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Bevor es die Polizei bekommt: In „Die Alte“ wird der Drogenfund lieber selbst versilbert. Bild: ZB
Keine Polizei ohne schmutzige Polizei: Hannelore Cayre dreht in „Die Alte“ den Spieß um und zeigt den Drogenhandel einmal von einer ganz anderen, aberwitzigen Seite.
Dieser Roman enthält diverse politisch unkorrekte Ausdrücke. Um den Sarkasmus der Autorin nicht zu entstellen, wurden sie präzise ins Deutsche übernommen. Alles andere wäre erst recht unkorrekt.“ – Der Hinweis des Verlages macht Hoffnung, und diese wird nicht enttäuscht. Was die französische Autorin Hannelore Cayre hier auf nicht einmal zweihundert Seiten auffährt, ist großes Erzählkino, absolut politisch unkorrekt, staatsverdrossen kapitalismuskritisch, seelenabgründig tief, dabei selbstironisch und witzig. Obendrein in einen der cleversten Plots seit langem verpackt. Mit einem Wort: Langsam lesen, es geht viel zu schnell vorbei.
Warum wurde diese Autorin bislang übersehen? Wurde sie nicht. Es war – einmal mehr – dem Unionsverlag in Zürich zu danken für die Entdeckung zweier heute längst vergriffener Romane „Der Lumpenadvokat“ (2007) und „Das Meisterstück“ (2008). „Durchgebracht“ hat der Verlag Hannelore Cayre damals nicht, das ist beim aktuellen Überangebot von Kriminalromanen schon beinahe die Regel. Mittlerweile ist die Autorin sechsundfünfzig Jahre alt. Aus der Controllerin von einst, die für eine Filmproduktionsfirma arbeitete, ist eine Strafverteidigerin geworden, die in den Banlieues von Paris Migranten beziehungsweise von Migranten abstammende Franzosen verteidigt, weil sie das „spannend“ findet. Ihren Vornamen kann man deutsch aussprechen (Cayres Mutter war Österreicherin) oder französisch; den Nachnamen wie das englische „care“.
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