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Der Dichter Velimir Chlebnikov : Gegen alle Regeln der Logik, der Zeit und des Raums

  • -Aktualisiert am

Die Verehrer des Dichters sind rar, aber prominent: 2004/05 malte Anselm Kiefer: sein Gemälde„für Velimir Chlebnikov“. Bild: Anselm Kiefer

Hundert Jahre nach seinem tragischen Tod ist der russische Dichter Velimir Chlebnikov immer noch eine verkannte literarische Größe. Nun erscheint die Neuausgabe von Peter Urbans legendärer Werkausgabe.

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          Im Namen der Bewahrung der richtigen literarischen Perspektive halte ich es für meine Pflicht, schwarz auf weiß zu sagen, dass wir ihn für unseren dichterischen Lehrmeister halten.“ Mit diesem Satz verabschiedete sich Vladimir Majakowski 1922 von dem verstorbenen Dichter Velimir Chlebnikov. Majakowski kennt jeder, Chlebnikov kaum jemand. Dabei behauptete sein Weggefährte, der später bekannt gewordene Sprachwissenschaftler Roman Jakobson, ohne ihn hätte es nicht nur Majakowski, sondern auch den Maler Kasimir Malewitsch nicht gegeben. Anlässlich Chlebnikovs fünfzigsten Todestags, also bereits vor fünfzig Jahren, hatte der Übersetzer Peter Urban mit seiner im Rowohlt-Verlag veröffentlichten Werkausgabe versucht, dies zu ändern. Vergeblich. Jetzt, fünfzig Jahre später und also hundert Jahre nach Chlebnikovs tragischem Tod, bringt der Suhrkamp-Verlag diese Ausgabe fast unverändert neu heraus.

          Chlebnikov, 1885 geboren, begann Mathematik und Physik an der Universität Kazan zu studieren, wo Nikolai Lobatschewski unterrichtete, der als Erster die nicht euklidische Geometrie entwickelte und somit die newtonschen Gesetze der Kausalität und Kontinuität infrage stellte. Die Begegnung mit Lobatschewski erschütterte Chlebnikovs Glauben an die Gesetze der Naturwissenschaft. Er gab sein Studium auf, um als „Lobatschewski des Wortes“ (so er selbst) „ein komplexes Werk ‚quer durch die Zeiten‘, wo die Regeln der Logik, der Zeit und des Raumes so häufig durchbrochen werden, wie der Trinker stündlich zum Schnapsglas greift“, zu schaffen.

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