Gastland der Buchmesse 2014 : Die Coolness bringen wir Finnen mit
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Iris Schwank leitet die „Finish Literature Exchange“ in Helsinki Bild: Klein, Nora
Finnland bereitet sich auf die Frankfurter Buchmesse vor. Sind die finanziellen Sorgen verschwunden? An ihrem Schreibtisch in Helsinki verbreitet Iris Schwank, die Leiterin von „Finnish Literature Exchange“, beim Gespräch Optimismus.
Der Countdown läuft. Wie steht es um die Vorbereitungen auf die Buchmesse im Oktober?
Dass wir Gastland der Buchmesse in Frankfurt sind, hat zu einem deutlich gestiegenen Interesse an der finnischen Literatur geführt. Aber die Finanzierung des Auftritts bleibt eine Herausforderung. Die Zeiten haben sich geändert, seit wir 2009 den Vertrag mit Frankfurt unterzeichneten.
Im Herbst hatten Sie noch Probleme mit den privaten Sponsoren, von denen die Hälfte ihres Budgets bezahlt werden sollte.
In diesem Punkt hatten wir zu hohe Erwartungen. Wir rechneten zum Beispiel nicht damit, dass Nokia derart kriseln würde. Eine handvoll Partner haben wir allerdings, hauptsächlich aus der Papier- und Design-Industrie. Es läuft. Und dass es Herausforderungen gibt, gehört bei einem solchen Projekt dazu. Denken Sie nur an die Isländer, die ihren Auftritt trotz der Island-Krise zu stemmen hatten!
Das heißt, Sie haben auch die fünfzig Prozent Ihres Budgets, die von Sponsoren kommen sollten, mittlerweile gedeckt?
Wir werden von mehr Stiftungen und Trusts unterstützt als ursprünglich geplant. Sie engagieren sich in Finnland zunehmend in der Kulturförderung.
Tauschen Sie sich bei der Vorbereitung mit früheren Gastländern aus?
Mit den Isländern, die einen tollen emotionalen, eher unakademischen Pavillon hatten, sprechen wir öfters. Und von den Niederländern, die sich 1993 sehr klar auf den Rechteverkauf konzentrierten (und 2016 abermals Ehrengast sein werden), kann man ebenfalls lernen. Von beiden wissen wir, dass sich über Deutschland der finnische Buchexport insgesamt ankurbeln und auf eine breitere Grundlage als zuvor stellen lässt. Die Tourismusförderung und das „Nation Branding“, das für manche Länder eine große Rolle spielt, ist uns weniger wichtig.
Ist das ein Problem bei der Suche nach finanzkräftigen Partnern?
Der Gastland-Auftritt spielt für die Wahrnehmung Finnlands bei einem Projekt dieser Größe ja trotzdem eine Rolle. Das kann man selbst denen erklären, denen die Bedeutung der Frankfurter Buchmesse nicht so vor Augen steht, weil sie nicht aus der Branche kommen. Man muss aber realistisch bleiben. Dass Island einen Touristenboom erlebte, hing nicht allein mit der Buchmesse zusammen.
Ist die Popularität skandinavischer Autoren in Deutschland für Sie Fluch oder Segen?
Für die nordische Gegenwartsliteratur ist es durchaus ein Problem, dass die internationalen Verleger derart stark auf die Wand von Kriminalromanen sehen, die sich aufgebaut hat. Wir Finnen haben den Vorteil, glaube ich, dass wir exotischer sind als etwa die Schweden. Bei uns spielt auch die russische Nachbarschaft und die schwedisch-finnische Erfahrung eine Rolle, wir sind ein Land zwischen den Welten – mit gleich drei literarischen Sprachen: Schwedisch, Finnisch und Sami. Hinzu kommt der Wandel von einer ländlich-geprägten zu einer freien, sehr modernen Gesellschaft.
Welches Ziel haben Sie sich in Verbindung mit dem Gastlandauftritt gesetzt?
Wir wollten einhundert Titel auf den deutschen Markt bringen. Jetzt laufen wir auf die 130 Titel zu; die Übersetzung von etwa siebzig Prozent der neuen Titel wurde von uns, „Finnish Literature Exchange“ also, gefördert. Man wird in Frankfurt sehen, dass wir breit aufgestellt sind – von den Werken einer Sofi Oksanen über die Comics, ein stark wachsendes Genre, bis hin zu den Kinderbüchern. Dabei fügt es sich gut, dass Tove Jansson, die Schöpferin der Mumins, in diesem Jahr ihren hundertsten Geburtstag gefeiert hätte.
Aber Sie werden bei Ihrem Auftritt doch nicht nur auf diese großen Namen setzen?
Als Gastland wollen wir natürlich zeigen, dass wir viele interessante literarische Stimmen haben. Dazu gehören auch die Lyriker, die sehr lebendig sind, und junge Frauen, die sich der Geschichte zuwenden und in einem ungewohnten Ton von den Kriegsjahren erzählen. Wir müssen die richtige Balance zwischen den großen Namen und Finnland-Klischees auf der einen Seite – und dem Unbekannten, Reizvollen auf der anderen finden. Wir werden mit dem Slogan „Finnland. Cool.“ nach Frankfurt kommen. Cool sind zum Beispiel die Fahrrad-Bibliotheken, die wir in Finnland neuerdings haben. Die werden wir mitbringen.