Kochbuchkolumne „Esspapier“ : Wenn schon keine Pommes, dann aber bitte mit allem
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Mit Äpfeln, Käse und Nüssen wird aus Rote Bete ein Salat: „Der kleine Koch“ geht nicht allzu weit in die Richtung von spröden Produkten und Körnern. Bild: Picture-Alliance
Auch Schalengenüssen sollten Kinder nicht entsagen: Das Slow-Food-Kochbuch für die ganz jungen Anfänger enthält ihnen Naturgeschmackserlebnisse vor.
Dieses Kinderkochbuch ist nur ein dünnes Bändchen, weckt aber Aufmerksamkeit, weil es von Slow Food kommt. Man vermittelt in dieser Organisation eine spezifische Haltung zum Essen, die – wenn auch oft in etwas diffuser Form – mittlerweile Eingang in die Diskussion einer breiteren Öffentlichkeit gefunden hat. Inwieweit lässt sich nun Slow-Food-Gedankengut als Leitlinie in ein Kinderkochbuch einbringen? Anders gesagt: Wie stark „ideologisiert“ mag das Buch sein?
Schon die Einleitung, in der sich „der kleine Koch“ und sein Freund, das „Radieserl“ vorstellen (kleine Frage: Ist das Buch nur für den bayerischen Markt?), bietet Stoff für diese Fragen. Zum Beispiel sagt der kleine Koch von sich, er esse gerne „Eintöpfe mit viel Gemüse“. Glaubt man, dass Kinder so einfach zu beeinflussen sind? Werden sie wirklich sagen: Ach ja, der süße kleine Koch isst gerne Gemüseeintöpfe, dann probiere ich sie auch und finde sie vielleicht ganz toll?
Was können Kinder in der Küche leisten?
Im Kapitel „Einkaufen“ heißt es nach der Empfehlung, alle Produkte so weit wie möglich in Bio-Qualität zu kaufen: „Käse, Eier oder Wurst vom Discounter sollte man auf jeden Fall vermeiden – diese Produkte kosten zwar wenig, sie sind aber weder umweltverträglich noch tiergerecht, noch fair für die Bauern hergestellt worden“. Ist das ganz sicher? Was ist mit den Bio-Produkten im Angebot von Discountern? Will man da wirklich – sozusagen sicherheitshalber – die Tür gleich komplett zuschlagen?
Welcher Altersgruppe ist das Buch überhaupt zugedacht? Wir wissen noch sehr wenig darüber, was Kinder in der Küche eigentlich leisten könnten, wenn sie konsequent an das Kochen herangeführt würden.
Irgendwie „Bio“ reicht einfach nicht
Das Buch beginnt mit ein paar praktischen Tipps, der Vorstellung von Arbeitsmaterialien und einem Jahreszeitenkalender. Dann folgen auch schon die nach Jahreszeiten geordneten Rezepte. Das Spektrum reicht von „Risibisi mit Frühlingsgemüse“ und „Knacksalaten mit Käsebällchen“ über „Knuspergemüse mit Zitronenquark“ und einen „Rote Bete-Apfel-Salat mit Käse und Nüssen“ bis zu allerlei Süßem wie „Kirschauflauf“, „Lieblingsplätzchen“ und „Schokopudding mit Orangenkompott“. Es geht also nicht allzu weit in die Richtung von spröden Produkten und Körnern. Aber das ist hier auch nicht das Problem. Die Kinder werden das mögen und keine großen Schwierigkeiten bekommen.
Bedenken wecken eine Reihe von wichtigen Details, die sich zu einem Gesamtbild fügen. Slow Food steht im Verdacht, letztlich damit zufrieden zu sein, dass alles irgendwie „Bio“ ist. Die oft nicht unbedingt entspannt-freudvoll-genießerische Stimmung in vielen Bio-Läden gibt da manchmal zu denken. Wo aber ist in diesem Buch eine Weiterführung, die Sensibilität erzeugt, das heißt: die Geschmackspapillen für das öffnet, was nicht industriell oder sonstwie überzüchtet ist? Wenn Kinder die natürlichen, möglichst unverfälschten Aromen kennen und lieben lernen sollen, müssen die Rezepte so etwas leisten. Sie tun es nicht – wie ganz allgemein eine konsequente Redaktion der Rezepte zu fehlen scheint.
Kritikwürdige Kochtechnik
Das A und O ist wieder einmal der bewusstlose Einsatz von Salz und Pfeffer, der natürlich viele Aromen verkleistert – vor allem dann, wenn gleich mehrere Elemente eines Gerichtes mit den beiden „Geschmacksverstärkern“ in Kontakt kommen. Sodann ist die Frage des Abfalls nicht positiv geklärt. Manche Kartoffeln isst man mit Schale. Warum werden sie hier weggeworfen? Und nicht nur die von Kartoffeln?