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Kochbuchkolumne „Esspapier“ : Siege, Triumphe, Göttergerichte

  • -Aktualisiert am

Virgilio Martinez vom „Central“ in Lima kocht in Salzburg mit Kaktussamen auf: „Oktopus, violetter Mais, Airampo“ Bild: Red Bull Content Pool, Helge Kirchberger Photography

Immer wieder dieselbe Geschichte: Jahr für Jahr überzeugt die Chronik der Gastköche des Salzburger Flughafenrestaurants „Ikarus“ mit präzisen Rezepten.

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          Sammelbände mit den Arbeiten kreativer Spitzenköche gehören immer zu den interessantesten Veröffentlichungen für Leser mit unstillbarem Hunger nach kulinarischen Neuigkeiten. Erinnern darf man an die famosen jährlichen Bände des „Culinary Chronicle“, die mit großem fotografischen Aufwand und moderner Gestaltung neue Maßstäbe setzten, leider aber nach  acht Ausgaben wieder verschwanden.

          Eine der zuverlässigsten Quellen für den Wissenshunger vieler Privatköche wie Profis sind die jährlichen Bände des Restaurants „Ikarus“ im „Hangar 7“ am Salzburger Flughafen, wo unter dem Patronat von Eckart Witzigmann monatlich wechselnde Gastköche ein Menü konzipieren, das dann vom Team des Restaurants umgesetzt wird. Nach dem Rücktritt von Roland Trettl ist sein Küchenchef Martin Klein nun der Verantwortliche für die Perfektion der Reproduktionen.

          Hans Gerlach, Martin Klein: „Die Weltköche zu Gast im Ikarus“. Band 2. Pantauro Verlag, Salzburg 2015. 328 S., geb., 49,95 Euro.
          Hans Gerlach, Martin Klein: „Die Weltköche zu Gast im Ikarus“. Band 2. Pantauro Verlag, Salzburg 2015. 328 S., geb., 49,95 Euro. : Bild: Pantauro Verlag

          Apropos Roland Trettl: Der Gründungs-Chefkoch des „Ikarus“ hat gerade etwas gemacht, das man unter Gentlemen nicht gerne sieht. Er hat seine Kontakte zu den vielen Köchen zu einem Buch verwurstet (um in einem kulinarischen Bild zu bleiben), in dem mit einer forcierten Sprache und nicht immer sehr reflektiert vieles in die Tonne gehauen wird (um abermals in einem kulinarischen Bild zu bleiben). Das Buch hat den Titel „Die Wahrheit über die besten Köche der Welt“. Da mag man an die Römer denken: Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben.

          Kulinarischer Wissenstransfer

          Nachdem die Ikarus-Leute in den ersten Jahren bei den engagierten Köchen aus dem Vollen schöpfen konnten, umfasst das Programm heute nicht mehr ausschließlich weltbekannte Namen. Das muss kulinarisch kein Defizit sein und kann Köche fördern, die mehr Aufmerksamkeit wert sind. Im Programm waren (von November 2014 bis Oktober 2015) aber dennoch eine beträchtliche Anzahl von Größen, darunter Kobe Desramaults vom „In de Wulf“ in Dranouter (Belgien), Virgilio Martinez vom „Central“ in Lima, Gert de Mangeleer vom „Hertog Jan“ in Zedelgem (Belgien), Harald Wohlfahrt von der „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn, Luke Dale-Roberts von „The Test Kitchen“ in Kapstadt, Ben Greeno vom „Momofuko Seiobo“ in Sydney und Christopher Kostow vom „Restaurant at Meadowood“ im Napa Valley.

          Da Chefkoch Klein die Köche zuerst immer in ihren Restaurants aufsucht, ist das für die einzelnen Kapitel zur Verfügung stehende Material umfangreich. Dem Leser werden zuerst einmal Texte (inklusive einer Seite mit Zitaten des Kochs oder Zitaten über den Koch) und viele Bilder aus dem Restaurant und der Stadt des Kochs geboten – je nach Typus der Küche auch Bilder von der Umgebung und Impressionen von den verwendeten Produkten. Einigen Bildern vom Prozess des Wissenstransfers in der Küche folgen dann ein großes Porträt und der Abdruck des Menüs plus einer Auswahl der Rezepte in klassischer Darstellung.

          Eine gemäßigte Moderne

          Der Wert dieser Rezepte ist sozusagen 1:1. Bei der Reproduktion der Gerichte im „Ikarus“ gibt es immer gewisse, wenn auch meist minimale, Abweichungen vom Original. Die geschriebenen Rezepte haben einen Präzisionsvorteil: Da sie zuvor schon zur Reproduktion durch Profis notiert wurden, sind sie besonders zuverlässig. Stilistisch hält man sich – wie meist in den letzten Jahren – nicht bei den Hardcore-Avantgardisten auf, deren Gerichte oft wegen ungewöhnlicher Produkte oder Techniken kaum reproduzierbar sind, sondern bei einer gemäßigten, manchmal avantgardistischen Moderne.

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