Kochbuchkolumne „Esspapier“ : Das Geheimnis des weißen Kastens
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Wie mag es in ihrem Kühlschrank zu Hause aussehen? Europäische Spitzenköche wie Klaus Erfort gewähren Einblicke. Bild: Picture-Alliance
Meisterköche öffnen für einen Bildband aus dem Taschen Verlag ihre Kühlschränke. Aber blickt man hier wirklich in eine Blackbox?
Der weltweit erfolgreiche Taschen Verlag aus Köln hält sich beim Kulinarischen immer noch zurück. Der Großtat mit Nathan Myhrvolds „Modernist Cuisine“ und deren abgespeckter Version „Modernist Cuisine at Home“ (beide wurden hier mit drei 3 F.A.Z.-Sternen bewertet) folgten keine weiteren Aktionen von Rang – obwohl vielleicht nur dieser Verlag eine Reihe mit Büchern der weltweit besten Köche sinnvoll zustande bringen könnte. Das Buch „Inside Chef’s Fridges“, das glücklicherweise auch gleich in deutscher Übersetzung erschienen ist, kommt ziemlich global daher, aber sozusagen durch die Hintertür.
Die Idee, Leute zu fragen, ob sie für Fotografen ihren Kühlschrank öffnen, ist alles andere als neu. Mal sind es Prominente, mal Amateure, die sich dann kreativ zeigen, immer wieder auch einmal Profis, bei denen der Blick in die privaten Vorräte etwas mehr „human touch“ vermittelt als die üblicherweise perfekten Bilder aus ihren Restaurants und von ihren Kreationen. Der Leser sollte aber wissen, dass viele hervorragende Köche zwei wesentliche Einschränkungen haben: Sie kochen zu Hause nicht besonders gern und schon gar nicht anspruchsvoll, und sie sind nicht unbedingt auch Meister der einfacheren Küche. Es gibt eben mittlerweile auch prominente Köche, die ihr ganzes Kochleben in Spitzenrestaurants verbracht haben und einfachere Gerichte nie kochen mussten.
Lammkoteletts, Ketchup und Nutella
Der Versuchsaufbau beeinflusst das Ergebnis. Bekommt man wirklich einen Blick in eine Blackbox? Haben die Köchinnen und Köche vielleicht doch vorher überlegt, wie denn ihr Kühlschrank aussehen sollte, damit er nicht nur präsentabel ist, sondern auch das ein oder andere Rezept hergibt, das in diesem Buch ebenfalls abgedruckt ist? Die Präsentationsweise passt zum Thema. Zum privaten Kühlschrank bekommt der Leser private, unprätentiöse Fotos der Protagonisten, die so wirken, wie viele dieser Köche tatsächlich sind: keine angeberischen Kochmützenträger mit Luxus-Ambitionen, sondern in der Mehrzahl selbst dann ganz normale, hart arbeitende Kreative, wenn sie international bekannt sind.
Die präsentierten Kühlschränke also sind auffallend gut und systematisch gefüllt – wie bunt gemischte Verkaufsregale. Manche wirken recht realistisch, so der Kühlschrank des Drei-Sterne-Kochs Klaus Erfort (Saarbrücken), bei dem ein paar Sardinen und Lammkoteletts ohne besonderes Beiwerk zu finden sind – außer Ketchup und Nutella. Andere haben offensichtlich Reste der Restaurantvorräte an Bord, darunter gerne Spezialzubereitungen wie eingelegte Früchte oder Gemüse. Manchmal muss man über den Zusammenhang von Person, Küche und Vorräten schmunzeln, wie etwa bei der wohlbeleibten Hélène Darroze (Paris und London), bei der es recht nahrhaft aussieht – Foie gras eingeschlossen.
Die Meister haben sich nicht lumpen lassen
Der Patissier Pierre Hermé (Paris und weltweit) hat eigene Produkte im Schrank, Massimo Bottura (Modena) Gemüse und viele Gläser mit aromatischen Zutaten, Sébastien Bras, der Sohn des berühmten Michel Bras, quasi nur Produkte aus dem Restaurant, und der schwedische Extremist Magnus Nilsson auffallend viel Eingelegtes. Was sie daraus machen, lässt sich klar mit der Formel „Einfach, aber trickreich“ beschreiben.