Zum Tod von bell hooks : Schwarz und Feministin
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Die Autorin bell hooks, New York im September 1995 Bild: Laif
Mit ihren Büchern hat die amerikanische Autorin bell hooks dem schwarzen Feminismus eine Stimme verliehen. Und einen Stil geprägt, dessen Wirkung weit darüber hinausreicht. Ein Nachruf.
Die Stimme, die bell hooks seit den achtziger Jahren in vielen Büchern erhoben hat, die Stimme einer schwarzen Feministin im weißen Amerika, die davon erzählt, woher sie kam und wohin sie will, ihre Herkunft aber nie hinter sich ließ, während sie sich auf den Weg über die renommiertesten Universitäten ihres Landes in die Öffentlichkeit machte: Diese Stimme gelangte in die deutsche Öffentlichkeit auf Nebenwegen. Über gegenkulturelle Magazine und feministische Proseminare. Und selten übersetzt. Wer lesen wollte, worüber in den Vereinigten Staaten der Theorie aufgeregt gesprochen wurde, musste es im Original lesen.
Jetzt ist bell hooks, die als Gloria Watkins geboren wurde und ihr Pseudonym stets klein schrieb, im Alter von neunundsechzig Jahren in ihrer Heimat Kentucky gestorben. In die Trauer mischt sich als Trost, dass sie noch erlebt hat, wie ihr Stil – autobiographisch, analytisch, emphatisch – zu einem Standard literarischen und akademischen Schreibens geworden ist. Das, was man auch auf Deutsch „Memoir“ nennt und in jedem neuen Verlagsprogramm zu finden ist, das Format selbstanalytischen, sozialbewussten Schreibens, wäre ohne bell hooks undenkbar gewesen.
Sie hat diesen Stil nicht allein erfunden, sie hatte Schwestern, auch weiße. Aber bell hooks war, weil sie ihre feministische Theorie verständlich und vor allem warmherzig, ja spirituell schrieb, die zugänglichste. Ihr erstes Buch waren Gedichte gewesen. Ihr zweites, „Ain’t I A Woman: Black Women and Feminism“, beschrieb 1981 eine Dynamik, die als „Intersektionalität“ zum identitätspolitischen Schlagwort geworden ist, um komplexe Erfahrungen von Diskriminierung auf den Begriff zu bringen.
Um es am Beispiel von bell hooks zu beschreiben, denn sie hat es eben selbst, in diesem Buch, am eigenen Beispiel beschrieben: Eine schwarze Frau aus kleinen Verhältnissen, der Vater war Hausmeister, die Mutter Haushaltshilfe, die Großmutter konnte weder lesen noch schreiben, erlebt Zurücksetzungen auf vielfältige Art: als Frau, als Schwarze, als sozial Benachteiligte.
Hinaus und hinweg führt der Weg für Schwarze oft nur über Bildung, ein Leitmotiv im Schreiben von bell hooks. „Ain’t I A Woman“ ist zum zentralen Werk feministischer Literatur geworden. Geschrieben hatte die Verfasserin das Buch aber schon als College-Studentin in Stanford. Später hat sie selbst an den bekanntesten Universitäten ihres Landes unterrichtet, am Oberlin College, in Yale, zuletzt am Berea College in Kentucky, das erst in diesem Herbst ein Studienzentrum in ihrem Namen eröffnet hat, das „bell hooks Center“.
Eigentlich hatte sie also Gloria Jean Watkins geheißen, dann aber den Namen ihrer indigenen Urgroßmutter Bell Hooks angenommen. Sie schrieb diesen Namen jedoch, als die Nachgeborene, immer klein - und tat das auch aus der Haltung heraus, dass ein Werk immer wichtiger ist als der oder die, die es schafft. Dem Film galt ihre große Liebe, aber die größte vielleicht der Liebe selbst: Im Februar erscheint „Lieben lernen“ im Verlag Harper Collins auf Deutsch, zwanzig Jahre nach der Originalausgabe: „Wir brauchen eine feministische Bewegung“, schreibt sie darin, „die uns immer wieder daran erinnert, dass es im Kontext von Unterdrückung keine Liebe geben kann, dass die Liebe, nach der wir streben, unerreichbar ist, solange wir gefangen und nicht frei sind.“ Das ist der spirit und die Stimme von bell hooks.