„Die vermeintliche Unlesbarkeit dieser Gedichte ist ein Mythos“
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Es gab ein weiteres Vorhaben, das den bislang als finales Werk geltenden „Illuminationen“ folgen sollte: „Die prachtvolle Geschichte.“ Rimbaud zu Tisch mit Verlaine, Valade, d’Hervilly, Pelletan, Bonnier, Blémont und Aicards. Bild: Picture-Alliance
Ein vor kurzem entdeckter unbekannter Brief von Arthur Rimbaud verrät, dass sich der Dichter in seinem letzten literarischen Lebensjahr keineswegs nur mit den „Illuminationen“ beschäftigt hat. Ganz im Gegenteil.
Monsieur, – Mit allen Entschuldigungen für die Form des Nachstehenden, – Ich möchte ein Werk in einzelnen Folgen in Angriff nehmen, Titel: Die prachtvolle Geschichte.“ Mit diesen selbstbewussten Worten beginnt ein vor kurzem entdeckter Brief des französischen Dichters Arthur Rimbaud vom 16.April 1874 an Jules Andrieu, einen französischen Universalgelehrten, der zu den führenden Köpfen der Pariser Kommune gehörte und wie viele andere nach deren Zerschlagung in London Zuflucht gesucht hatte.
Der im Nachlass von Andrieu gemachte Fund ist bemerkenswert. Seit März 1874 hält sich Rimbaud abermals in London auf (ein erster, mehrwöchiger Besuch hatte im Herbst 1872 in Begleitung Verlaines stattgefunden), diesmal zusammen mit dem Dichter Germain Nouveau. Ein Jahr später, im Februar 1875, Rimbaud lebt zu diesem Zeitpunkt in Stuttgart, um, wie er sich ausdrückt, der deutschen Sprache die Peitsche zu geben, überreicht er Paul Verlaine während dessen kurzer schwäbischer Stippvisite die Reinschriften des Prosagedichtzyklus „Illuminationen“ und kehrt der Literatur den Rücken zu. Das Jahr 1874, das Rimbaud fast ganz in England verbringt, ist also sein letztes literarisches Lebensjahr.
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