Von der Unmöglichkeit des Schlussstrichs
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Marcel Proust, Portrait von Jacques-Émile Blanche, 1892 Bild: RMN-Grand Palais (musée d’Ors
Die dritten Pariser Schau im Gedenkjahr bietet den Höhepunkt: Eine Riesenausstellung in der Französischen Nationalbibliothek zum hundertsten Todestag von Marcel Proust führt die Geburt seines Hauptwerks vor.
Sie protzt mit Proust. Noch bevor die Ausstellung losgeht, listet die Französische Nationalbibliothek an einer Wand detailliert auf, aus welch reichem Eigenbestand sie da hat schöpfen können: „26 Fahnenbögen (placards), 23 Typoskripte, 16 Manuskriptseitenschlangen (paperoles), 23 Reinschrifthefte, 75 Entwurfshefte, Hunderte von Einzelblättern, vier Notizbücher und ein Tagesplaner“. Das – und durchaus noch einiges mehr – bietet der fonds Proust, angesammelt hier seit 1962, als die Nichte des heute vor hundert Jahren gestorbenen Schriftstellers Marcel Proust dessen im Familienbesitz bewahrten schriftlichen Nachlass an die Nationalbibliothek verkauft hat.
1976 kamen aus derselben Quelle noch etliche weitere zuvor übersehene oder verschwiegene Dokumente ins Haus, und dann folgten immer mehr Ankäufe und Legate mit Proust-Material bis hin zu den berühmt gewordenen, erst 2018 wiederentdeckten „75 Blättern“, auf denen sich die frühesten bekannten Entwürfe zu „À la recherche du temps perdu“ finden, und dem Erwerb eines Exemplars von „Du côté de chez Swann“, des 1913 erschienenen Auftaktbands zu diesem Romanzyklus, in dem Proust 1915 für die mit ihm befreundete Marie Scheikévitch auf acht Seiten handschriftlich den geplanten weiteren Handlungsverlauf des am Ende siebenbändigen Großwerks notiert hatte. Diese Preziose sicherte sich die Nationalbibliothek 2021, und nun ist sie erstmals zu sehen: in der Schau mit dem Titel „La fabrique d’un œuvre“ – das Gewebe eines Werks.
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