Jugendkrimininalität : Rettet die Kinder, bevor es zu spät ist
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Eine Streitschrit als Vermächtnis: Jugendrichterin Kirsten Heisig an ihrem Arbeitsplatz im Amtsgericht Tiergarten in Berlin Bild: ddp
Wenn sie vor Gericht stehen, ist es zu spät: Die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig hat mit ihrem Buch „Das Ende der Geduld“ eine Streitschrift verfasst, die uns aufrütteln muss.
Nur die Schlagzeilen gleichen sich: Polizei machtlos; neue Dimension der Kriminalität; Kinderdealer ohne Papiere zum x-ten Mal erwischt. Wenn es nicht so bitter wäre, könnte man die vergeblichen Versuche, den strafunmündigen Drogenkurieren beizukommen, als Teil des alljährlichen Berliner Sommertheaters abtun. Nur wird dieses Mal offener als sonst über die Herkunft der Kinder informiert. Viele werden Jahr um Jahr aus Beirut eingeschleust; in Berlin leben sie entweder in einer der arabischen Großfamilien – vor denen sich die Behörden, aber auch die Polizei fürchten – oder in einem offenen Heim für junge Flüchtlinge. Das Heim verlassen sie schnell, wenn sich die erste Aufregung über ihre gefährlichen, lukrativen Geschäfte gelegt hat, um dort alsbald wieder von der Polizei abgeliefert zu werden: folgenlos. Und weil die Heimkinder keine Papiere haben, können sie auch nicht abgeschoben werden, etwa zu ihren Eltern. Die seien, so geben sie stereotyp an, gestorben.
Die Jugendrichterin Kirsten Heisig, die sich vor einigen Wochen das Leben nahm, hat über diese Kinder, deren kriminelle Laufbahn offenbar alle zuständigen Ämter überfordert, ausführlich in ihrem heute erscheinenden Buch berichtet. Sie hat vorausgesehen, dass es im Juli 2010 wieder passieren, dass wieder vor geschlossenen Heimen gewarnt und Politiker forsch die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters verlangen würden. Wenn das geschieht, schreibt die Richterin. werden demnächst Zehnjährige als Dealer geholt.
Plädoyer für hoch gefährdete Kinder und Jugendliche
Warum aber, fragt Kirsten Heisig, kann man die Identität der Kinder nicht feststellen, die in Beirut mit Pass die Kontrollen passieren und in Berlin ohne Pass aus dem Flugzeug steigen? Warum erleichtert man der libanesischen Drogenmafia, die inzwischen zu Reichtum gekommen ist und dealen lässt, auch noch durch Untätigkeit das Geldverdienen? Und warum ist es nicht allererstes Ziel, diese Kinder dem Einfluss der Drogenclans zu entziehen?
Das sind nur einige von ziemlich vielen Fragen, auf die Heisig keine Antworten bekommen hat. Und es ist nur einer von vielen überzeugend, klar und nüchtern begründeten Anlässen, dieses Buch zu schreiben: ein Plädoyer für hoch gefährdete Kinder und Jugendliche, deren Rettung die Schule, die Jugendhilfe und auch das Jugendstrafrecht eigentlich ermöglichen sollten. Die aber preisgegeben werden, weil Behörden nicht über ihren Tellerrand zu schauen bereit oder unfähig sind, weil der Datenschutz vorgeschoben wird auf Kosten dieser Kinder, die als Heranwachsende immer wieder im Gerichtssaal landen. Und dann ist es meistens zu spät.
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