Der Mann, der mit Albert Speer spazieren ging
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Der Autor in Paris 1986 Bild: Imago
Der größte Autor von Spionageromanen der Gegenwart hielt sich immer fern vom Literaturbetrieb. Dabei hat er viel zu erzählen - über Deutschland, den Luftkrieg und die Nachkriegszeit, das geteilte Berlin und die Löcher in der Mauer.
Er lebt zurückgezogen, gibt keine Interviews und schon gar keine Lesungen. Am liebsten wäre der britische Schriftsteller Len Deighton unsichtbar. Das soll er auch bleiben. Umso dankbarer sind wir, dass er sich die Zeit genommen hat, auf einige Fragen per E-Mail zu antworten.
Mr. Deighton, Ihr Werk zeigt, dass Sie von Deutschland und der deutschen Nachkriegsgeschichte fasziniert sind. Berlin hinterlässt in Ihren Romanen einen tieferen Eindruck als London. Womit fing dieses Interesse an?
Wenn man als Jugendlicher von der deutschen Luftwaffe bombardiert wird, denkt man mit einiger Wahrscheinlichkeit über Deutschland und sein Potential nach. So gesehen, hat mein Interesse an Deutschland nie nachgelassen. Ich habe schon früh erkannt, dass die meisten Bücher über Kriegsgeschichte schlicht auf Propaganda aus Kriegszeiten beruhen. Man sagt ja, Geschichte werde von den Siegern geschrieben. Ich bin da nicht so sicher. Ein einziger Blick in Geschichtsbücher in japanischen und deutschen Schulen belehrte mich eines Besseren. Jedes Land neigt dazu, sich selbst einen heldenhaften Anstrich zu geben, so wie Bernard Samson in meiner Romanserie. Damals begriff ich, dass die Geschichtsbücher, die ich las, große Lücken aufwiesen. Was die deutsche Rolle anging, waren aber noch viele wichtige Zeugen am Leben. Ich ging also hin und sprach mit Leuten von der Waffen-SS. Ich sprach auch mit Top-Generälen. Meine Frau Ysabele und ich verbrachten ein paar Tage mit Albert Speer und seiner Frau, wir fuhren gemeinsam in seinem Wankel, dem Sondermodell, das eigens für ihn gebaut worden war. Ich sprach mit allen. Dasselbe tat ich natürlich auch auf der britischen und der amerikanischen Seite. Und ich schrieb drei Geschichtsbücher, die so wahrhaftig sind, wie ich sie schreiben konnte. Es war wichtig für das Schreiben meines Buches „Blitzkrieg“, mit Soldaten zu sprechen, die an Kampfhandlungen teilgenommen hatten. Ebenso wichtig ist es, die Entscheidungen auf höchster Ebene zu verstehen. Der Stabschef des deutschen Generals Heinz Guderian wurde ein enger Freund. Von solchen Leuten erfährt man, wie die Dinge vor sich gingen. Und ja, einige haben sich darüber geärgert, dass ich die Menschen in meinen Büchern nicht in Helden und Schurken einteile.
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