Grass und die Waffen-SS : Zwiebelopfer für uns alle
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Dokumente der US-Armee belegen die Mitgliedschaft des Schriftstellers Günter Grass in der Waffen-SS. Bild: ddp
Im Sommer 2006 bekannte Günter Grass, Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein. Was heißt das über den Menschen, die damalige Zeit, seine Stimme, sein Werk? Stationen einer Kontroverse.
Jahrzehntelang hieß es, der 1927 geborene Schriftsteller Günter Grass sei 1944 als Flakhelfer eingezogen worden und habe dann als Soldat gedient. Einundsechzig Jahre nach Kriegsende, im August 2006, gab der Literaturnobelpreisträger schließlich in einem Interview mit der F.A.Z. zu, Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein.
Mit Frank Schirrmacher und Huber Spiegel spricht Grass zum ersten Mal über sein Erinnerungsbuch „Beim Häuten der Zwiebel“, seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS und seinen „Knobelkumpan“ im Krieg, Joseph Ratzinger.
„Warum ich nach sechzig Jahren mein Schweigen breche“: Günter Grass im Interview
Ausgerechnet der Schriftsteller, der allen die Zunge lösen wollte, der das Verschweigen und Verdrängen der alten Bundesrepublik zum Lebensthema machte, hat jetzt sein eigenes Verschweigen bekannt: Ein Kommentar von Frank Schirrmacher.
Grass’ spätes Eingeständnis: Eine zeitgeschichtliche Pointe
Kollegen und Medien reagieren fassungslos, irritiert, aber auch mit Verständnis auf das Geständnis. Die wichtigsten der ersten Reaktionen: „Ein globaler Schock“
Ganz allein, mit Tollkühnheit und Cleverness, gegen einen überlegenen Feind: Michael Jeismann schildert, mit welcher Vision die SS-Division „Frundsberg“, der auch Günter Grass als 17-Jähriger angehörte, Hitler aus Berlin herausholen sollte.
SS-Division „Frundsberg“: Grass hätte Hitler befreit
Wo war Günter Grass? Die Erinnerungen des Schriftstellers an den April 1945 und die Kämpfe um Spremberg: Versuch einer Rekonstruktion seiner Wege als SS-Mann.
Im Dunst der Zwiebelsuppe: Grass im April 1945
Warum wurde Günter Grass’ Mitgliedschaft in der Waffen-SS nicht längst aufgedeckt? Im Interview mit der F.A.Z. spricht der Historiker Hans-Ulrich Wehler über moralische Autorität und kritisiert Grass’ langes Schweigen.
„Für die Zukunft ist er beschädigt“: Interview mit Historiker Wehler
Erich Loest, Kollege und Freund von Günter Grass, erzählt, wie er mit dessen Geständnis umgeht, seit wann er von dessen SS-Vergangenheit wusste und ob sich seine Meinung über Grass nun geändert hat.
Ich kann an nichts anderes denken: Loest über Grass
Sogar eine Aberkennung des Literatur-Nobelpreises für Günter Grass wegen dessen Mitgliedschaft in der Waffen-SS wurde diskutiert. „Die Vergabe ist endgültig“, beschied der Direktor der schwedischen Nobelstiftung, Michael Sohlman, in Stockholm.
Grass’ Literatur-Nobelpreis „Die Vergabe ist endgültig“
Felicitas von Lovenberg kommentiert: Den Literaturnobelpreis erhält man nicht für persönliche Integrität und Geradlinigkeit. Er enthält allerdings die unausgesprochene Verpflichtung, sich seiner würdig zu erweisen. Dem ist Grass nachgekommen, indem er sich seiner Vergangenheit gestellt hat.
Verschlungen die Wurzeln des Guten und Bösen: Grass als würdiger Nobelpreisträger
Der Historiker Hans Mommsen nennt die Kritik an Grass scheinheilig. Sie belege „mangelnde Bereitschaft der Nation, ihre eigene Verstrickung in die NS-Verbrechen einzugestehen“.
Haltet die Verdränger: Mommsen über Grass
Für den Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg ist „Beim Häuten der Zwiebel“ viel mehr und viel weniger als ein Geständnis. Das Buch habe viel zu erzählen.