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Andreas Platthaus : Unglückspilz: Carl Barks' Märchenmärchen

  • Aktualisiert am
Märchenerzähler: Carl Barks und Erika Fuchs

Märchenerzähler: Carl Barks und Erika Fuchs Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Gustav Gans als König, Donald Duck als sein mißgünstiger Anverwandter: eine zauberhafte Geschichte vom Neid des Unterprivilegierten und von der Unschuld des Begünstigten.

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          Dieses unbetitelte Märchen beginnt nicht mit „Es war einmal“, sondern mit dem Satz: „Wenn diese Geschichte ein Märchen wär', würde sie folgendermaßen beginnen.“ Und dann beginnt sie doch: „Es war einmal ein großer und mächtiger König, der hatte soviel Glück, daß ihm niemals etwas mißlang.“

          Als ich diesen Anfang, der nicht der wahre Anfang sein sollte, als Kind erstmals las, war ich im höchsten Maße alarmiert. Denn der glückliche König entpuppte sich auf dem dazugehörigen Bild als Gustav Gans, und das war doch kein König, sondern der nichtsnutzige, aber von Fortuna begünstigte Vetter von Donald Duck! Letzterer wiederum firmierte in der Märchenhandlung als „Anverwandter von niedriger und gemeiner Gesinnung, der dem König sein Glück mißgönnte“. Und so nimmt die Geschichte ihren Gang, bis am Ende - zum Mißfallen nicht nur jenes jungen Lesers, der ich einmal war - einmal mehr Gustav Gans triumphiert: „Und wenn der große und mächtige König des Glücks nicht gestorben ist, so lebt er noch heute.“

          Geschrieben hat dieses Märchen, das eben leider keines ist, sondern bittere Entenhausener Wirklichkeit, im Jahr 1952 Carl Barks; im April 1953 konnte man es in der Übersetzung von Erika Fuchs erstmals auf deutsch lesen. Es ist eine zauberhafte Geschichte vom Neid des Unterprivilegierten und von der Unschuld des Begünstigten, die man gerne als Lehrstück auf die wilde Marktwirtschaft deuten darf. Schön ist das nicht, jedoch mit einer Geschicklichkeit erzählt, die im Genre der Comics einmalig dasteht - aber Barks und Fuchs verschließen sich ohnehin jeglicher Kategorisierung. Und meinen Frieden habe ich mit dem Geschehen doch noch gemacht, als ich einfach aufhörte, den ersten Satz zu lesen, und das Ganze als das nahm, was es gar nicht sein sollte: ein Märchen.

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