Amerikas Krieg : Warum 9/11 kein Ende nimmt
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2003 konnte ein Hochstapler die CIA davon überzeugen, in Bin Ladins Al-Dschazira-Videos seien geheime Strichcodes versteckt, die Informationen über geplante Flugzeugabschüsse gäben. Bild: Getty
Wem nützt der Krieg gegen den Terror? Warum dauert er immer noch an? Der Journalist James Risen hat ein erschütterndes Buch über Amerikas Krieg geschrieben.
Falls irgendjemand die amerikanische Fernsehserie „Homeland“, in der die CIA sich hauptsächlich auf die Intuition einer psychisch labilen Mitarbeiterin verlässt, für vollkommen unrealistischen Blödsinn hält - wie wäre es hiermit: In den von Panik und Paranoia aufgeheizten Zeiten nach 9/11 geriet die CIA mit einem Mann namens Dennis Montgomery in Kontakt, der herausgefunden haben wollte, dass die Al Qaida ihre Pläne für kommende Terroranschläge öffentlich kommunizierte - und zwar mithilfe geheimer Strichcodes, die sich im Nachrichtenbanner des arabischen Fernsehsenders Al Dschazira verbergen würden.
Der Mann - ein ehemaliger medizinischer Techniker und selbsternannter Computerexperte - behauptete, eine Computersoftware entwickelt zu haben, mit der sich diese geheimen Botschaften entschlüsseln ließen. So habe sein Programm in Sendungen, die Videos von Bin-Ladin-Ansprachen zeigten, verborgene Buchstaben-Zahlen-Kombinationen im Banner aufgespürt, in denen wiederholt „AF“ oder „AA“ oder „UA“ auftauchten, jeweils gefolgt von zwei oder drei Zahlen. Andere Zahlenserien sähen für ihn wie Angaben über Längen- oder Breitengerade aus.
Nicht schwierig zu entlarven
Montgomery überließ es dem Geheimdienst, eins und eins zusammenzuzählen. Seine Behauptungen wurden so ernst genommen, dass Präsident Bush um Weihnachten 2003 herum mehreren internationalen Passagierflugzeugen, die in den Vereinigten Staaten hätten landen sollen, die Starterlaubnis verweigerte. Angeblich wurde sogar der Abschuss mehrerer Linienflüge über dem Atlantik zumindest diskutiert.
Tatsächlich war die CIA auf einen Aufschneider hereingefallen. Es gab weder geheime Strichcodes, noch gab es ein Computerprogramm, das diese hätten aufspüren können. Und es gab auch nie einen Beweis dafür. Doch nach den Anschlägen vom 11. September, die der amerikanische Auslandsgeheimdienst weder vorausgesehen noch verhindert hatte, wollte man dort einfach an den Weihnachtsmann glauben, auch wenn sich dieser, wie im Falle Montgomerys, verdächtig gerne in Spielcasinos herumtrieb und in seinem Berufsleben schon die eine oder andere größere Sache in den Sand gesetzt hatte.
Dass er nicht der glaubwürdigste aller Zeitgenossen war, hätte sich vermutlich ziemlich schnell herausfinden lassen. Zumal von einem Geheimdienst. Als die französische Regierung, durch die Sache mit den annullierten Air-France-Flügen alarmiert, eine französische Hightech-Firma damit beauftragte, die vermeintliche Wunder-Software zu untersuchen, fanden deren Experten sofort heraus, dass die Geschichte ein Schwindel war: Es gab schlichtweg nicht genug Pixel im Fernsehbild, um darin geheime Strichcodes oder unsichtbare Nummern zu verbergen.
Obama als größter Feind der Pressefreiheit
Dennis Montgomery hatte geschickt erkannt, dass sich im Post-9/11-Amerika mehr Geld mit der Voraussage von Terroranschlägen machen ließ als auf jedem anderen Gebiet. FBI, CIA und Pentagon waren dafür mit mehr Geld ausgestattet, als sie ausgeben konnten. Er hatte zuvor bereits dem US-Militär weismachen können, er habe eine Technologie entwickelt, mit der sich winzige Objekte in größter Entfernung erkennen ließen. Angeblich seien damit sogar Gesichter gestochen scharf zu sehen, die von einer hoch über den Bergen Afghanistans fliegenden Predator-Drohne aufgenommen würden.