
Bierpreise : Teurer Batzen
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Gute Farbe, gute Porengröße, guten Durst! Bild: picture alliance / Zoonar
Jetzt aber bitte keine Krawalle: Die Deutschen nehmen teureres Brot genauso gelassen hin wie teurere Kinotickets. Nun haben aber mehrere Brauereien angekündigt, ihre Bierpreise anzuheben. Und da hört der Spaß auf.
Die Erinnerung an die Hyperinflation und das Jahr 1923, als eine Briefmarke am 20. November schließlich 20 Milliarden Mark kostete und die Preissteigerung bei 29.500 Prozent monatlich angekommen war, ist ein deutsches Trauma, das fiskalisches Denken und Handeln bis heute prägt. Von fünzigprozentigen Teuerungsraten sind freilich die aktuellen 4,5 Prozent, die dennoch manchen Ökonomen Sorgenfalten verursachen, weit entfernt. Andere meinen, es sei the German Angst, deretwegen die Gefahr der Geldentwertung noch verstärkt würde.
Ob Inflation, Deflation oder Stagflation – die hiesige Gelassenheit angesichts solcher Schauerbegriffe scheint eher das Gegenteil zu belegen, nämlich dass wir unsere Inflationsneurose überwunden haben. Klaglos werden teureres Brot, teurere Kinobesuche, teurere Waschmaschinen in Kauf genommen. Jetzt allerdings macht eine Nachricht die Runde, die, schaut man zurück in die Geschichte, für Zündstoff sorgen könnte.
Hopfen und Malz verloren
Gleich mehrere große Brauereien haben angekündigt, ihre Bierpreise anzuheben. Dass spätestens beim Bier der Spaß aufhört, wissen ausgerechnet die dem Äppelwoi zugeneigten Frankfurter. Im Frühjahr 1873 kam es zu den berüchtigten „Bierkrawallen“ – den heftigsten sozialen Unruhen der Stadtgeschichte seit der Märzrevolution 1848. Jahrhundertelang hatte ein halber Liter Bier vier Kreuzer gekostet. Das entsprach einem Batzen.
Plötzlich sollte er viereinhalb Kreuzer kosten, und weil keine halben Münzen existierten, mussten fünf bezahlt werden, wofür es einen Gutschein über den Restwert gab, der im selben Lokal einzulösen war. Spätestens da waren Hopfen und Malz verloren. Unter dem Schlachtruf „Mir wolle Batzenbier“ begann am Nickelchestag eine Randale, die, als die verhasste preußische Armee zur Hilfe gerufen wurde, eskalierte. Gasthäuser wurden zerstört, Menschen starben, die Stadt glich einem Kriegsschauplatz.
Eine Katastrophe, die vermeidbar gewesen wäre, hätte Frankfurt von München gelernt. Dort war es bereits 1844 zu einer Bierrevolution gekommen, als der König sich am Bierpreis zu schaffen machte. Zweitausend Münchner stürmten daraufhin die Brauereien. Das herbeigerufene Militär aber verweigerte, anders als 29 Jahre später in Frankfurt, den Befehl, gegen die Aufständischen vorzugehen. Hier wie da wurden die Verteuerungen zurückgenommen. Radeberger, Krombacher und Veltins sollten sich gut überlegen, was sie tun. Den Bierpreis nicht anzurühren, könnte sie am Ende billiger kommen.