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Interview mit Neil Gershenfeld : 3D-Drucker sind erst der Anfang

  • Aktualisiert am

So könnten Fertighäuser für den Mond aussehen - die Einzelteile werden mit einem 3D-Drucker gefertigt, die Esa plant bereits. Bild: Esa, Architekturbüro Foster+ Partners

Die nächste industrielle Revolution ist bereits im Gange: In zwanzig Jahren könnte jeder Haushalt eine computergesteuerte Fertigungsmaschine für Alltagsgegenstände besitzen. Die möglichen Folgen zeichnen sich schon jetzt ab.

          6 Min.

          Herr Professor Gershenfeld, was ist „digitale Fertigung“ („digital fabrication“)? Geht es da um die 3D-Drucker, von denen in den Medien immer häufiger die Rede ist?

          Nein, die 3D-Drucker sind nur eines der Werkzeuge in der digitalen Fertigung, aber das ist nicht alles. Digitale Fertigung besteht darin, Daten in Dinge und Dinge in Daten zu verwandeln. Sie wird es dem Einzelnen erlauben, an jedem Ort und zu jeder Zeit greifbare Objekte herzustellen. Seit den 1950er Jahren werden Maschinen mit Computern verbunden, die sie steuern. Heute hat die Stunde der 3D-Drucker geschlagen. Dabei erzeugt man aus einer CAD-Datei ein reales Objekt, indem man es zunächst virtuell in Schichten zerlegt, um es dann durch die Abtragung oder Anlagerung von Materialen wie Kunststoff, Wachs oder Metallen Schicht für Schicht bis hin zum fertigen Werkstück aufzubauen. Die digitale Fertigung wird sehr viel weiter gehen als der 3D-Druck. Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich darum, die Materie zu digitalisieren, zu kodieren, kurz intelligent zu machen. In meinem Labor am MIT arbeiten wir mit Atomen und Molekülen. Im Unterschied zum 3D-Drucker erzeugt ein digitales Fertigungsgerät - der „digital fabricator“, kurz: Fabber - vollständige Funktionssystem einschließlich der mechanischen Bauteile, der Sensoren, der Effektoren oder der Elektronik, und das in ein und demselben Arbeitsgang. Nehmen wir zum Beispiel eine Drohne. Bei der digitalen Fertigung wird ein Fluggerät gebaut, das sich unmittelbar nach seinem „Ausdruck“ in die Luft erheben kann. Bei der digitalen Fertigung entsteht übrigens kein Abfall. Ein aus digitalen Materialien hergestelltes Produkt kann wieder in seine ursprünglichen Bestandteile zerlegt und dann für die Herstellung eines neuen Objekts verwendet werden, ganz wie bei Legosteinen.

          Neil Gershenfeld
          Neil Gershenfeld : Bild: privat

          In gewisser Weise beschreiben Sie da den „Replikator“ aus Star Trek.

          Ja, das ist die Idee. Aber es ist keine Science-fiction. Die digitale Fertigung folgt demselben Entwicklungspfad wie der PC. In den 1950er Jahren konnten sich nur einige Eliteinstitute, staatliche Behörden und sehr große Unternehmen die ersten Großrechner leisten. Zehn Jahre später erschienen die ersten Kleincomputer. Ihre Preise sanken (sie kosteten ein paar zehntausend Dollar), aber nicht so sehr, dass sie Eingang in die Privathaushalte hätten finden können. Jedenfalls rüsteten sich Forschungsgruppen, Universitätslabors und Unternehmen mittlerer Größe mit solchen Computern aus. Deren Nutzer entwickelten dann die Anwendungen, die wir heute einsetzen: E-Mail, Textverarbeitungsprogramme, die Möglichkeit, Musik zu hören oder Videospiele zu spielen. Aus den Kleincomputern der 1960er Jahre gingen die Heimcomputer hervor, deren bekanntester, der MITS Altair 8800, 1975 für 1000 Dollar oder als Bausatz für 400 Dollar verkauft wurde. Für die Pioniere der Informatik war das eine Revolution. Sie konnten sich endlich ihren ersten Computer leisten und zu Hause nach Belieben herumexperimentieren. 1981 wurde die Informatik dann endgültig demokratisiert durch den ersten IBM-PC: kompakt, leicht zu bedienen und erschwinglich für die Mittelschicht.

          In welchem Entwicklungsstadium befindet sich die digitale Fertigung gegenwärtig?

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