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Im Gespräch: Annette Riedhammer : Das Drama des begabten Vaters

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Skifahren sei Selbstmord, Autofahren auch: Mit ihrem Vater musste Annette Riedhammer einige Kämpfe ausfechten Bild: privat

Vor hundert Jahren wurde Manfred Schmidt geboren. Dank seiner Erfindung von „Nick Knatterton“ hält man ihn für komisch. Das war es mit ihm nicht. Ein Interview mit Annette Riedhammer, der Tochter des Cartoonisten.

          8 Min.

          Wir kennen Manfred Schmidt als humoristischen Zeichner, als Meister der Komik und auch des Comics, dem er mit „Nick Knatterton“ den ersten wichtigen deutschen Impuls nach e. o. plauens „Vater und Sohn“ gegeben hat. Bis zum 21.April kann man das noch in einer Ausstellung im Wilhelm-Busch-Museum Hannover sehen. Aber wenn wir vom Künstler absehen, was war Ihr Vater für ein Mensch?

          Er wusste, was er seinem Ruhm schuldete, wenn es um die öffentliche Wirkung ging. Aber er wusste auch, dass er diesen Ruhm vor allem einer Kunstform verdankte, die er mit „Nick Knatterton“ eigentlich lächerlich hatte machen wollen: dem Comic. Er konnte nicht verstehen, zu was für einem Erfolg sich diese Serie entwickelt hatte. Er ist zu einem Opfer oder Sklaven der ganzen Geschichte geworden. Natürlich hatte das auch positive Aspekte: Mein Vater hat den Erfolg durchaus genossen. Aber er hat stets gesagt: „Was ich mache, ist alles für Altenheime und Irrenanstalten.“

          „Nick Knatterton“ war einträglich genug, dass Ihr Vater ein Haus am Starnberger See kaufen konnte.

          Ja, da hat er gelebt. Es war wunderschön dort. Und nur zehn Minuten weiter hat Loriot sein Haus gehabt. Aber wir waren eben auch da: meine Mutter, mein älterer Bruder und ich. Und eines sage ich Ihnen: Einfach war mein Vater nicht.

          Dabei wirkt er auf Fotos immer so verschmitzt und witzig.

          Das war so, als ob er einen Schalter umgelegt hätte. Er konnte unglaublich charmant sein, und wenn Besucher zu ihm kamen, hat er ein richtiges Feuerwerk an Witz veanstaltet. Sobald die Tür aber hinter ihnen wieder zugefallen war, dann - plopp! - fiel er in sich zusammen. Das war sehr anstrengend, man musste mit beidem irgendwie zurechtkommen.

          Konnte er im Privatleben nicht auch komisch sein?

          Er war komisch, sehr sogar, weil er an jeder Situation etwas entdeckte, zu dem er seine Phantasie spielen ließ. Es war aber meist etwas Unangenehmes oder Bedenkliches, das ihm dazu Anlass gab. Auf der einen Seite war das amüsant, auf der anderen Seite für uns Kinder nicht sehr ermutigend. Mein Vater hat uns zum Beispiel von jeglichem Sport fernhalten wollen: „Skifahren ist Selbstmord, Autofahren ist Selbstmord.“ Das waren Dinge, die er selbst niemals gemacht hätte. Also durften wir sie auch nicht betreiben.

          Entsprang das einer grundsätzlich pessimistischen Einstellung dem Leben gegenüber?

          Ja. Er war gegenüber allem sehr misstrauisch. Das drückt sich auch in seinen Zeichnungen und Reportagen aus. Er war immer der Meinung, man müsse hingucken, genau hinsehen, aber er konnte wiederum nicht auf die Dinge zugehen oder sie auf sich zukommen lassen, um sie erst einmal zu genießen. Er hat immer erwogen, was dabei Schreckliches herauskommen könnte: „Gut, geht doch ruhig auf die Straße, obwohl Glatteis angekündigt ist. Aber dann kann ich nicht arbeiten!“ Das war geradezu erpresserisch.

          Ist Ihr Vater erst im Laufe seines Lebens so geworden? Gab es also einen Auslöser für dieses Verhalten? Den Zeiten Weltkrieg etwa, den er mitgemacht hat.

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