
Burda täuscht Leser : KI am Herd
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Diese Ausgabe von „Lisa Kochen & Backen“ wurde von einer KI erstellt. Bild: Lisa Kochen & Backen
Eine Ausgabe der Zeitschrift „Lisa Kochen & Backen“ wurde per KI erstellt. Ein „Experiment“, sagt der Burda-Verlag, der die Leser darüber allerdings nicht informierte. Was das bloß soll.
Kochen nach Rezept kann frustrierend sein. Da blättern wir durch üppig bebilderte Zeitschriften, träumen von spektakulären Ergebnissen, wie sie Text und Foto versprechen – und kochen dann etwas, das damit wenig zu tun hat. Es folgen Verzweiflung, Selbstgeißelung: Was haben wir bloß falsch gemacht? In manchen Fällen: gar nichts. Manche Rezepte wurden einfach nie getestet. Dabei stellt sich ja erst am Herd heraus: So viel Dill – das konnte ja gar nicht gut gehen.
Warum erzählen wir das? Weil der Burda Verlag eine Sonderausgabe der Zeitschrift „Lisa Kochen & Backen“ herausgegeben hat, deren 99 „Geniale Pastarezepte für Genießer“ von der Software ChatGPT verfasst wurden.
Auch die Bilder zeigen keinen tatsächlich zubereiteten Teller Spaghetti, sondern das, was sich die KI Midjourney darunter eben so vorstellt. Nun wissen wir um die beeindruckenden Fähigkeiten dieser Programme. Dass sie sich jedoch auch auf den Bereich der sinnlichen Wahrnehmung beziehen, wäre uns neu. Hat die KI Geschmack?
Bemerkenswert an diesem „einmaligen Testprojekt“, wie der Verlag es nennt, sind aber nicht nur die Umstände der Produktion. Sondern auch dass die Leser von „Lisa“ über diese gar nicht informiert wurden. Erst eine Berichterstattung der „Süddeutschen Zeitung“ machte die Öffentlichkeit darauf aufmerksam. Die Leser, sagt ein Sprecher des Burda Verlags, hätten unvoreingenommen an das Produkt herangehen sollen, unter „realistischen Bedingungen“. Hätten sie gewusst, dass das Heft von einer KI geschrieben wurde, hätten sie die Rezepte vielleicht nicht mehr neutral bewerten können. Möglicherweise, so darf man spekulieren, hätten sie auch keine 2,99 Euro dafür ausgegeben.
Geringschätzung journalistischer Arbeit
Der bayerische Journalistenverband nannte das Experiment „fahrlässig“. Man unterhöhle das Vertrauen der Leser, dabei müssten das Wahrheitsgebot und die Sorgfaltspflicht, die der Pressekodex vorschreibt, auch bei der Arbeit mit KI gelten. An einer solchen Vorgehensweise zeige sich die Geringschätzung journalistischer Arbeit.
Burda sieht das nicht so und argumentiert, die Ergebnisse der KI seien von den Redakteuren sorgfältig geprüft, nicht alle, aber einige Rezepte auch gekocht worden. Das Heft habe sogar mehr Arbeit gemacht als eine normale Ausgabe.
Mehr Arbeit, geringere Glaubwürdigkeit, das klingt nach keinem guten Deal. Warum also macht man es dann? Man habe, sagt der Sprecher, sehen wollen, „inwieweit KI-Tools die Arbeitsabläufe bei der Erstellung von Print- wie Digitalprodukten sinnvoll unterstützen können“. Ein Ergebnis stehe dabei schon fest: dass die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten bei der Qualitätskontrolle unerlässlich sei. Bedenklich, dass es für diese Einsicht die KI braucht.