Arnold-Schwarzenegger-Museum : Mythos ganz modern
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Im Geburtshaus des großen Sohnes der steiermärkischen Gemeinde Thal: Logo des Schwarzenegger-Museums Bild: Schwarzenegger-Museum
Der Bodybuilder, der Schauspieler, der Gouverneur: In der Steiermark steht das erste Arnoldeum der Welt. Es sammelt Lebensspuren und zeigt, wie der Mensch zum Mythos wird.
Wenn Mythologen in ein paar tausend Jahren die großen Erzählungen des 20. und 21. Jahrhunderts erforschen, dann werden sie der bukolischen Marktgemeinde Thal bei Graz vielleicht eine ähnliche Bedeutung beimessen wie wir dem antiken Griechenland. Hier nämlich, im Schoße der Steiermark, liegt der Ursprung eines globalen Mythos, gegen den sich Herakles wie ein zweitklassiger Zirkuswrestler ausnimmt: Arnold Schwarzenegger.
Schwarzenegger wurde hier 1947 geboren, in Thal. Der Ex-Bodybuilder, Ex-Schauspieler und Ex-Politiker kombiniert in seinem Lebenswerk wie kein Zweiter die Urigkeit Alteuropas mit dem technokratischen Fortschrittsoptimismus der neuen Welt, symbolisch verdichtet in seinen Büroräumen in Santa Monica: vorne moderne Innenarchitektur und ein popkulturelles Sammelsurium seiner mythischen Alter Ego, darunter Conan der Barbar und der Terminator. Hinten ein nostalgisches Refugium im rustikalen Steiermark-Design.
Bodybuilder säumen die Wege
Und weil sein alter Weggefährte und Schulkamerad Peter Urdl um die Bedeutung der Arbeit am Mythos weiß, hat der frühere Bürgermeister von Thal nun ein Schwarzenegger-Museum in Arnies Geburtshaus eingerichtet - was gäbe es für einen besseren Beleg dafür, dass der Pop museal geworden ist? Mit der Einbalsamierung eines der größten postmodernen Kulturindustriellen zu Lebzeiten, besiegelt durch eine hirschgeweihbekrönte Pyramide im provinziellen Off, scheint die Blütezeit der Popkultur endgültig vorüber.
Eröffnet wurde das weltweit erste Arnoldeum am 30. Juli, Schwarzeneggers 64. Geburtstag. Annähernd quadratförmige Bodybuilder säumen die Wege, amerikanische und österreichische Flaggen flattern vereint im kräftigen Steirerwind, prominente Arnold-Adepten wie das ÖVP-Urgestein Alfred Gerstl sind vor Ort, eine Volksmusikkapelle spielt auf für den abwesenden Jubilar, der sich nur per Videobotschaft meldet.
Terminator vor Kachelofen
Berstende Bizepse und knorrige Trachtenkostüme, Hummer-Jeeps und Heimatkult, Business und Bratwurst, Museum und Markenpflege - das ist Thal bei Graz an diesem historischen Samstagmorgen. Selbst ein slowenischer Künstler mit Terminator-Kutte ist extra auf seinem Motorrad angereist, um energisch seine von Schwarzenegger inspirierten Werke als Exponate anzubieten. Ob zum Verkauf oder als Leihgabe, ist unklar. Da der Bärtige kaum Deutsch spricht, beschränkt er sich darauf, mit irrem Blick auf sein OEuvre zu deuten und alle Fragen nur mit einem Wort zu beantworten: "Schwarzenegger! Schwarzenegger!"
Recht hat er, denn genau darum geht es hier, und darum geht es auch Schwarzenegger primär: um Schwarzenegger. Die Thaler Ausstellungsräume, wo eine Terminator-Statue mit zerfetztem Unterleib zwanglos vor einem heimeligen Kachelofen aufragt, machen in erster Linie anschaulich, wie ein Mensch zum Mythos wird: Er muss das Unvereinbare in sich vereinen wie einst der edle Rüpel Herkules, er muss gänzlich aufgehen in seinen Bildern und die Welt mit diesen Bildern penetrieren wie Metastasen das Körpergewebe.
Nicht ohne das Kinderbett
So beherbergt die Thaler Sammlung unter anderem Schwarzenegger-Humidore, Schwarzenegger-Briefmarken, Schwarzenegger-Poster, Schwarzenegger-Gemälde, Schwarzenegger-Bücher, Schwarzenegger-Münzen, Schwarzenegger-Broschen, Schwarzenegger-Filmrequisiten und natürlich, der historischen Authentizität wegen: sein Kinderbett, seine Kinderhanteln, das anrührende Familienplumpsklo sowie Mutter Aurelias Herd, angesichts dessen Winzigkeit Schwarzeneggers Größenphantasien etwas verständlicher werden. Die letzten Vertreter des Bildungsbürgertums mögen diesen Mikrokosmos des Trivialen als Beleg für den Untergang des Abendlandes deuten - tatsächlich bietet er eine der vielleicht gelungensten Einführungen in die Funktionsweisen der Mythologien demokratischer Massenkulturen.
Die Rückbindung eines globalen Phänomens an einen bethlehemesken Ursprungsort setzt sich auch außerhalb des Museums fort. Am nahegelegenen Thalersee, der ebenso künstlich angelegt ist wie Schwarzeneggers Muskeln, steht senkrecht aufgerichtet das Denkmal "Boot des Versprechens". In diesem Ruderboot hielt, der Legende zufolge, der Sperminator, wie er neuerdings auch genannt wird, um Maria Shrivers Hand an, die nurmehr zum "Hasta la vista, baby" winkt. Um den See schließlich führt der verblüffend unspektakuläre "Schwarzenegger-Wanderweg". Man hätte sich schon ein paar schweißtreibende Steigungen, Freiluft-Hantelbänke oder zumindest Tafeln mit Schwarzenegger-Weisheiten gewünscht wie auf dem Heidegger-Wanderweg in Todtnauberg. Bietet der immerhin mentale Hürden wie "Im Denken wird jeglich Ding einsam und langsam", so verlangt der Schwarzenegger-Pfad dem Wanderer nichts ab.
Vielleicht zeigt sich hier, wie sehr Schwarzenegger immer schon den Geist der Postmoderne verkörperte: Er ging stets voran, aber niemals hinauf.