„Architectures of Cohabitation“ in der Schaufenster-Galerie
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„Architectures of Cohabitation“ – die Schau zeigt, wie Menschen und nicht menschliche Lebewesen friedlich koexistieren können. Bild: Harry Schnitger
Bis zum 5. Juni ist eine Ausstellung in der Schaufenster-Galerie in der Berliner Lobeckstraße zu sehen: „Architectures of Cohabitation“
Wenn man den Menschen in den Mittelpunkt stellt, sieht das, was an den Rändern lebt, fliegt, brummt und nagt, schnell wie ein Ärgernis, eine Zumutung oder eine Bedrohung aus. Die Bewohner mehrerer neuer Türme in Singapur, deren Balkone zur Verbesserung und Abkühlung der Luft mit einer tropischen Vegetation bepflanzt worden waren, beschwerten sich kurz nach Einzug über die Anwesenheit zahlloser Mücken, man könne den Balkon gar nicht nutzen, da sich dort bereits Massen einer anderen Spezies niedergelassen hatten. Konsequenz: Es wurde, um sich den Balkon zurückzuholen, Insektengift gesprüht, die Mücken starben, es roch süßlich beißend, die Bepflanzung sah auch nicht gut aus, und bald kamen die Mücken wieder, und schon wurde die grüne Fassade wieder eingenebelt mit Gift. Man brauche die Nerven, hat Rudi Scheuermann, einer der wichtigsten Fachleute für grünes Bauen in Deutschland, einmal gesagt, bei so einer Fassade ein paar Wochen oder Monate zu warten, bis sich das Problem anders löst, bis nämlich Vögel die Mücken entdecken und sich in den grünen Fassaden einnisten – und dann hat der Bewohner kaum noch Mücken und kein Gift, sondern Vogelgezwitscher und gute Luft auf dem Balkon.
Die neueste, sehr lesenswerte Ausgabe der Zeitschrift „Arch+“ liefert die Theorie und viele Beispiele für einen neuen Umgang mit all dem, was man bisher an Leben vom Bauen fernhalten wollte. Unter dem Titel „Cohabitation“ wird gezeigt, dass es auch dem Menschen besser tut, wenn er nicht menschliche Lebewesen in seinen Häusern und Städten mitwohnen lässt. Dazu ist bis zum 5. Juni eine Ausstellung in der Schaufenster-Galerie in der Berliner Lobeckstraße zu sehen. „Architectures of Cohabitation“ hat einen Gegner: das luftdicht abgeschottete, mit rohölbasiertem Dämmstoff wie ein eingeschweißter Käse dastehende Einfamilienhaus, vor dem der Eigentümer eine Kanne Grünbelagentferner in den Hochdruckreiniger schüttet, um damit das Moos und die Ameisen aus den Fugen des Gehwegpflasters zu blasen.
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