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Archäologischer Fund : Von dieser Großbrauerei tranken die Pharaonen

In vierzig dieser Tongefäße konnten im altägyptischen Abydos zur gleichen Zeit mehr als 20.000 Liter Bier gebtraut werden. Bild: AFP

Zwei Krüge Bier, das rat ich dir: Bier war das Schmiermittel des Alten Ägypten. In Abydos wurde jetzt die älteste Großbrauerei der Welt entdeckt. Pharaonen ließen hier wohl Unmengen für Begräbnisriten gären.

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          Diese Meldung wirkt in der durch Corona forcierten Fastenperiode wie aus der Zeit gefallen. Während viele deutsche Brauereien in der Pandemie von der Schließung bedroht sind und Bier, erstmals seit der Wiedervereinigung, wieder in großem Stil vernichtet werden muss, diesmal wegen des Einbruchs im Fassbierverkauf, wird im ägyptischen Abydos eine der ältesten Brauereien der Welt entdeckt, die auf eine professionelle Großproduktion schließen lässt.

          Uwe Ebbinghaus
          Redakteur im Feuilleton.

          Wenige Generationen nach Ötzi, noch vor Errichtung der Pyramiden, in einer Zeit, in der die frühen Schriftsysteme entstehen, erstaunt die Braustätte am Nil allein mit ihren Ausmaßen, auch wenn Funde aus früherer Zeit im ägyptischen Hierakonpolis schon ähnliche Dimensionen erahnen lassen. Fand man dort Dutzende Maischegefäße, die auf ein Biervolumen von mehreren tausend Litern schließen lassen, stieß man in Abydos, knapp fünfhundert Kilometer südlich von Kairo, laut ägyptischem Antikenministerium auf acht Räume mit Platz für jeweils vierzig Steinguttöpfe. Mehr als 22000 Liter konnten hier produziert werden, erklärt Matthew Adams von der New York University, der die archäologische Mission, an der auch ägyptische Forscher teilnehmen, gemeinsam mit Deborah Vischak aus Princeton leitet. Das Forscherteam folgert daraus: „Der Maßstab der Produktion in Abydos war größer als jeder andere seiner Zeit.“ Wie diese Masse an Bier abgefüllt wurde, ist bisher noch unklar.

          Die Faustregel des Dua Chety

          Der Leiter des Obersten Antikenrats, Mustafa al Wasiri, schätzt, dass die Brauerei von Abydos aus der Zeit von Pharao Narmer stammt, der um 3000 vor Christus die beiden Königreiche Ober- und Unterägypten einte und die erste Dynastie gründete. Die immense Produktionsmenge könnte dabei auf königliche Rituale an den Grabstätten von Abydos zurückzuführen sein. Dass Bier in Ägypten nicht nur ein Grundnahrungsmittel war, sondern auch als Opfergabe für die Götter diente und bei religiösen Zeremonien konsumiert wurde, ist der Wissenschaft schon länger bekannt. Die Forscher um Matthews gehen jetzt einen Schritt weiter und mutmaßen, die Brauerei von Abydos sei die erste bekannte, die für Ägyptens Könige und ihre Bestattungsrituale Bier produzierte.

          In der Kultstätte Göbekli Tepe auf dem Gebiet der heutigen Türkei wurden schon Bierreste aus dem zehnten Jahrtausend vor Christus gefunden, verbreitet war das Bier zu Zeiten König Narmers auch in Mesopotamien und wenigstens vereinzelt in China. Die dort gefundenen Stein- oder Tontröge aber waren wesentlich kleiner als die in Abydos, wo die Kapazitäten schon an heutige Großbetriebe erinnern. Die Sortenvielfalt im Alten Ägypten war erstaunlich, und auch diese Faustregel aus der „Anleitung des Dua Chety“ hat über die Jahrtausende kaum an Aktualität verloren: „Wenn du drei Laibe Brot gegessen und zwei Krüge Bier getrunken hast und der Körper hat noch nicht genug gehabt, so kämpfe dagegen.“

          Wurden diese Maischetröge von unten befeuert oder reichte die Wüstenhitze zur Gärung?
          Wurden diese Maischetröge von unten befeuert oder reichte die Wüstenhitze zur Gärung? : Bild: AP

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