
FAZ.NET-Sprinter : Seehofers Kompetenz, Merkels Kampf
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Der deutsch-französische Motor läuft: Horst Seehofer, Emmanuel Macron und Angela Merkel in Meseberg Bild: dpa
Ein kleiner Erfolg für die Bundeskanzlerin: Zumindest der deutsch-französische Motor läuft. Derweil rasen CDU und CSU wie zwei Schnellzüge aufeinander zu. Welche Kollisionen ansonsten zu erwarten sind, steht im Sprinter.
Es gibt eigentlich nur eine einzige Frage, die für Angela Merkel noch von Bedeutung ist: Schafft sie nach dem letzten Aufschub, den ihr untergebener Vorgesetzter, der Bundesinnenminister, ihr Kraft seiner Richtlinienkompetenz gewährt hat, nämlich bilaterale Rückführungsabkommen mit den europäischen Nachbarn zu schließen? Die Mehrheit der Deutschen glaubt einer Umfrage zufolge nicht, dass der Kanzlerin das gelingen kann. Zu vehement sind die Widerstände im Süden und Osten Europas. So dürfte es allenfalls eine leise Hoffnung sein, die Merkel nach dem Besuch des französischen Präsidenten auf Schloss Meseberg geschöpft hat. Emmanuel Macron hat der Kanzlerin seine Kooperation in der Migrationsfrage zugesichert. Im Gegenzug unterstützt Merkel den Franzosen bei seinem Lieblingsprojekt: der Schaffung eines eigenständigen Budgets für die Eurozone. Der deutsch-französische Motor der EU, er läuft wieder auf Hochtouren, so die symbolische Botschaft.
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Mehr erfahrenDoch Merkel braucht mehr als weiche Symbolik, um ihre Koalition zu retten, wie Nikolas Busse in seinem Kommentar analysiert. Denn der Migrationsdruck auf Europa wird hoch bleiben und noch zunehmen, wie ein amerikanischer Forscher glaubt – auch die OECD wird heute in ihrem Internationalen Migrationsausblick wohl zu diesem Ergebnis kommen. Umso mehr dürfte Markus Söder auf den Eindruck von Entschlossenheit setzen, wenn er heute bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung mit der österreichischen Regierung in Linz über die Migrationspolitik berät. Wie zwei Schnellzüge rasen CDU und CSU aufeinander zu.
Eine andere Kollision ist hingegen längst zur traurigen Gewohnheit geworden: die zwischen dem amerikanischen Präsidenten und der Realität. Dass Donald Trump den deutschen Behörden öffentlich falsche Angaben zur Kriminalitätsstatistik vorwirft, ist selbst für einen notorischen Realitätsklitterer wie ihn eine reife Leistung. Und man fragt sich jeden Mittag ein bisschen banger, mit welchen wirren Fake News im Kopf Trump wohl dieses Mal erwacht.
Und sonst: geht das EU-Austrittsgesetz heute zurück ins britische Unterhaus, wo ein neuer Showdown zwischen Theresa May und den EU-freundlichen Abgeordneten ihrer Partei dräuen könnte. Trifft Bundespräsident Steinmeier bei seinem Kalifornien-Besuch die frühere amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice. Legt Europol seinen Jahresbericht zum Terrorismus vor. Berät das Kabinett heute unter anderem über den Rüstungsexportbericht 2017, der nach vorläufigen Zahlen einen Rückgang der Exporte um 8,9 Prozent auf 6,24 Milliarden Euro verzeichnet.
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