
FAZ.NET-Sprinter : Alte Zirkuspferde und schrumpfende Skandale
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Bundesinnenminister Horst Seehofer (Archivbild) Bild: dpa
Horst Seehofer muss sich zum Bamf-Skandal äußern – und der ist womöglich kleiner als gedacht. Peer Steinbrück macht derweil die Pferde scheu. Was sonst noch wichtig wird, steht im FAZ.NET-Sprinter.
Erinnern Sie sich noch daran, wie im Frühsommer ein großer Skandal in der Bremer Außenstelle des Bamf bekannt wurde? In mehr als 1000 Fällen sollten falsche Asylbescheide ausgestellt worden sein. Ein Staatssekretär der CSU sagte, es sei hoch kriminell und bandenmäßig gehandelt worden. Bei vielen Menschen beförderte das Zweifel an der Asylpolitik und der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen. Zugleich war es die erste Bewährungsprobe für Innenminister Horst Seehofer – die Behörde in Bremen wurde zeitweilig geschlossen und Bamf-Präsidentin Jutta Cordt musste zurücktreten. Jetzt zeigt eine interne Prüfung, dass es in der Behörde seit dem Jahr 2000 wohl nur 165 Fälle gab, in denen ein „grobes Hinwegsetzen“ über Regeln vorliegt. Auf Anfrage der F.A.Z. relativierte das Innenministerium: Es handele sich nur um einen Teilaspekt, die Prüfung sei nicht abgeschlossen. Wurde der Skandal im Mai womöglich aufgeblasen? Passten Seehofers Äußerungen zu den Fakten? In Freilassing, wo der Innenminister heute die erste Bilanz der Bayerischen Grenzpolizei vorstellt, wird er sich vermutlich dazu äußern müssen.
Zehn Jahre ist es her, dass die Pleite der Lehmann Brothers das Finanzsystem der Welt an den Rand des Zusammenbruchs brachte. Auch die deutsche Hypo Real Estate wankte. An einem Sonntagabend garantierten damals Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück die Spareinlagen der Deutschen. Sie wollten die Menschen beruhigen. Merkel ist noch immer Bundeskanzlerin, Steinbrück ist in der Zwischenzeit als Kanzlerkandidat gescheitert und heute als Berater einer Bank tätig. Im Interview mit Johannes Pennekamp und Niklas Záboji erinnert er sich an die Finanzkrise und redet über die Reform der Europäischen Union. Merkel wirft er in diesem Punkt „schwere Versäumnisse“ vor. „Die Passivität der Bundesregierung ist eine herbe Enttäuschung. Ganz Europa wartet auf eine deutsch-französische Initiative“, sagt Steinbrück. Ein politisches Comeback schließt er aus. „Nein, irgendwann müssen alte Zirkuspferde die Manege verlassen und den jüngeren Platz machen.“ Womit er in Erinnerung bleiben will, als Krisenmanager oder gescheiterter Kanzlerkandidat, lesen Sie im Interview in F.A.Z.-Plus.
In Den Haag beginnt am Internationalen Gerichtshof die Verhandlung über die Klage Irans gegen Amerika. Teheran hält die Sanktionen Washingtons für rechtswidrig. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen muss zunächst über eine einstweilige Verfügung gegen die Vereinigten Staaten entscheiden und prüfen, ob der Ausstieg aus dem Atomabkommen rechtmäßig war. Es ist nicht das erste Mal, dass Iran Amerika vor Gericht zerrt. Schon 2016 argumentierte Teheran mit dem Freundschaftsvertrag aus dem Jahr 1955, der auch diesmal angeführt wird. Amerika wird das vermutlich bestreiten. Das Urteil aus Den Haag ist für Amerika bindend – es gibt jedoch keine Exekutive, um es durchzusetzen.
Und sonst? In Berlin versammeln sich die Botschafter Deutschlands zur jährlichen Konferenz, am Nachmittag begrüßt sie Angela Merkel. In Düsseldorf trifft sich der Rechtsausschuss des Landtags zu einer Sondersitzung, um die unrechtmäßige Abschiebung des mutmaßlichen Islamisten Sami A. unter die Lupe zu nehmen.
Die Nacht in Kürze
Ein kurzer, unpersönlicher Tweet – mehr war von Donald Trump zum Tod von John McCain nicht zu hören. Dabei war eine offizielle Würdigung laut einem Bericht schon formuliert. Doch der Präsident untersagte offenbar deren Veröffentlichung.
Zwei Monate vor der Landtagswahl in Bayern entfernt sich die CSU laut einer Umfrage immer weiter von der absoluten Mehrheit. Die Grünen kämpfen mit der AfD um den zweiten Platz.
Der elf Jahre alte niederländische Junge Nicky Verstappen wurde 1998 sexuell missbraucht und dann ermordet. Nun hat die Polizei einen Verdächtigen gefasst – mit Hilfe einer DNA-Probe.