Kranker Mann an der Spree
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Bei den Bundestagswahlen am 26. September gab es in Berlin einige Pannen - nur einer der Berliner Verwaltungsmiseren? Bild: dpa
Die administrative Unfähigkeit der Bundeshauptstadt schadet der Stadtgesellschaft, aber auch dem Ansehen Deutschlands in der Welt.
Das Desaster bei den Wahlen am 26. September, die zu Teilen unter irregulären Umstanden durchgeführt wurden, ist der traurige Höhe-, leider aber wohl nicht Schlusspunkt der Berliner Verwaltungsmisere. Ende des 19. Jahrhunderts redete man vom Osmanischen Reich als dem „kranken Mann am Bosporus“. Kaum übertrieben wäre es, heute (unter Verzicht auf Geschlechtsneutralität) vom „kranken Mann an der Spree“ zu sprechen. Wie ihre Vorgänger haben sich die Berliner Regierungsparteien zwar in der Koalitionsvereinbarung auf Verbesserungen in der Verwaltung verständigt, ohne aber bei wichtigen Fragen konkret zu werden und die strukturellen Probleme anzugehen.
Unter bundesstaatlichen Gesichtspunkten ist damit noch eine besondere Komplikation verbunden: Die tägliche Anschauung der Defizite verfälscht für die dort ansässigen Verfassungsorgane des Bundes und die Medien das Bild föderativer Leistungskraft. Der Ruf nach stärkerer Zentralisierung findet so immer wieder neue Argumente. In den Augen internationaler Beobachter schaden die Unzulänglichkeiten der Hauptstadt massiv dem Ansehen Deutschlands in der Welt.
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