
Brexit-Drama : Viel bleibt ungewiss
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Brexit-Gegner demonstrieren am Mittwoch vor dem britischen Parlament. Bild: Reuters
Das Parlament legt der Regierung Fesseln an. Premierminister Boris Johnson ist in einer schwierigen Lage. Aber könnten Neuwahlen wirklich den Konflikt lösen?
Auch nach einem weiteren dramatischen Tag im Londoner Unterhaus ist nicht hundertprozentig klar, wie es in und mit Großbritannien weitergeht. Zwar hat es das Unterhaus mit vereinten Kräften geschafft, der Regierung von Premierminister Boris Johnson per Gesetz Fesseln anzulegen. Johnson muss demnach bei der Europäischen Union eine weitere Verschiebung des Austrittstermins erbitten, wenn nicht bis zum 19. Oktober eine einvernehmliche Brexit-Regelung gefunden wird. Aber erstens ist zumindest zweifelhaft, ob Johnson eine solche überhaupt anstrebt. Und zweitens hat der Premierminister – wie immer mit großer Geste – verkündet, er werde auf keinen Fall die EU noch um irgendetwas bitten.
Und nun? Johnson möchte, auch wenn er ausdauernd das Gegenteil behauptet, das Problem über baldige Neuwahlen lösen. Der Weg dahin ist aber nicht mehr so einfach wie früher. Die Labour-Opposition und andere Parteien wollen vorgezogenen Wahlen nur dann zustimmen, wenn ein EU-Austritt auf jeden Fall – also rechtssicher – ausgeschlossen ist. An diesem Punkt sind wir aber noch nicht. Und es wäre sehr verwegen von der Opposition, einem Politiker wie Johnson einfach einmal zu vertrauen. Schließlich haben alle Beteiligten mittlerweile reichlich Erfahrungen mit der Verlässlichkeit von Aussagen aus dem Munde des Mannes, der gern als politischer Glücksspieler beschrieben wird.
Johnson ist in einer schwierigen Lage. Innerhalb der eigenen Partei hat er die Fronten durch den Ausschluss all derer, welche die Interessen des Landes anders definieren als der selbsternannte Retter, geklärt. Das, was jetzt als Konservative Partei daherkommt, deckt nur noch ein sehr beschränktes Meinungsspektrum ab, schreckt zum Beispiel gemäßigte Wähler eher ab. Zudem sind die Ausgeschlossenen keine namenlosen Hinterbänkler, sondern Prominente, die bei Wahlen den offiziellen konservativen Kandidaten das Leben schwer machen können.
Wenn dann noch die Brexit-Partei von Nigel Farage antritt, könnte die Lage für Johnson endgültig prekär werden. Das nächste Parlament verspricht in einer Weise „bunt“ zu werden, wie es die an Stabilität gewohnten Briten schon lange nicht mehr erlebt haben. Was bedeutet das alles für den Brexit? Niemand weiß das wirklich.