EU-Ratspräsident : Tusk stellt abermals längeren Brexit-Aufschub in Aussicht
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An diesem Mittwoch stimmt das britische Unterhaus über Alternativen zu Mays Brexit-Deal ab. Kurz davor sendet EU-Ratspräsident Tusk noch einmal ein Signal an London – und an das Europäische Parlament.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat an das Europäische Parlament appelliert, sich offen für einen langen Brexit-Aufschub zu zeigen. „Wir sollten offen sein für eine lange Verschiebung, sollte das Vereinigte Königreich seine Brexit-Strategie überdenken wollen“, sagte Tusk am Mittwoch vor dem Europäischen Parlament in Straßburg.
Ein langer Brexit-Aufschub bedeute „natürlich“ auch eine Teilnahme Großbritanniens an den Europawahlen im Mai, sagte Tusk. Kritik an einer britischen Teilnahme an der Wahl bezeichnete er als „nicht akzeptabel“.
Tusk: Pro-europäische britische Wähler nicht verraten
Die EU-Abgeordneten dürften pro-europäische britische Wähler nicht „verraten“, sagte Tusk. Das Parlament dürfe die sechs Millionen Menschen nicht verraten, die eine Petition zum Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union (EU) unterzeichnet hätten. „Sie mögen sich vielleicht vom britischen Parlament nicht ausreichend vertreten fühlen, aber sie müssen sich von Ihnen vertreten fühlen, weil sie Europäer sind“, sagte Tusk. Diese Haltung hatte er am Mittwoch auch in einer Twitter-Nachricht zum Ausdruck gebracht.
Das britische Parlament soll am Mittwoch über mehrere Vorlagen abstimmen, die Alternativen zum Brexit-Vertrag von Premierministerin Theresa May aufzeigen. Mays Austrittsabkommen haben sie bereits zwei Mal abgelehnt. Geplant sind „indicative votes“: richtungsweisende Abstimmungen, mit denen ausgelotet werden soll, für welche Alternative es eine Mehrheit gibt. Die Ergebnisse sind rechtlich nicht bindend, dürften May aber unter Druck setzen, sie bei ihrem weiteren Vorgehen zu berücksichtigen.
Die Debatte soll am Nachmittag (ab 16 Uhr MEZ) beginnen, über die ausgewählten Alternativvorschläge wird dann am Abend abgestimmt (ab etwa 20 Uhr). Das Ergebnis dürfte wahrscheinlich erst gegen 23 Uhr vorliegen. Am kommenden Montag könnte es dann in eine zweite Runde gehen.
Brexit ursprünglich am Freitag
Vor den Abstimmungen im Unterhaus warnte der Labour-Abgeordnete Ben Bradshaw die Premierministerin davor, das Votum zu ignorieren. May habe keine Macht mehr, ihre Partei sei auseinandergefallen, sagte Bradshaw am Mittwoch im SWR-„Tagesgespräch“. Es sei klar, dass das Parlament ihrem Deal auch künftig nicht zustimmen werde.
Ursprünglich sollte Großbritannien schon am kommenden Freitag die EU verlassen. Brüssel bot London kürzlich eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai an. Bedingung dafür ist allerdings, dass das Unterhaus in dieser Woche dem Austrittsvertrag zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll. Sollte Großbritannien ohne Abkommen aus der EU ausscheiden, wird mit dramatischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet.