Befragung zur EU : Europäer wünschen keine engere Union
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Griechische Protestler verbrennen eine Europa-Flagge in Athen. Bild: AFP
Während die Briten über den Austritt ihres Landes aus der EU abstimmen, sind andere Länder wesentlich europafreundlicher. Eine Vertiefung der Union hätte aber keine Chance – was auch an der Flüchtlingspolitik liegt.
Zwei Wochen bevor die Briten an den Wahlurnen entscheiden, ob ihr Land in der EU bleiben soll oder nicht, gibt es dort kein klares Stimmungsbild. Befürworter und Gegner eines Brexits liegen fast gleichauf. Das ist nicht verwunderlich, ist die Einstellung zur Europäischen Union auf den britischen Inseln doch ähnlich gespalten: 48 Prozent der Befragten haben ein negatives Bild der Staatengemeinschaft und 44 ein positives.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des renommierten amerikanischen Instituts Pew Research Center, die im April und Mai durchgeführt wurde. Sie zeigt ein wachsendes Unbehagen mit der Staatengemeinschaft und große Zustimmung dafür, Kompetenzen aus Brüssel abzuziehen und Entscheidungsgewalt wieder auf der nationalen Ebene anzusiedeln nicht nur auf den britischen Inseln, sondern in allen zehn Ländern (Griechenland, Großbritannien, Schweden, Niederlande, Deutschland, Ungarn, Italien, Frankreich, Polen, Spanien), in denen die Befragungen durchgeführt wurden.
In sieben der zehn Staaten war die Frage nach der Einstellung zur EU schon in der Vergangenheit gestellt worden und die Kurven zeigen nach einer kurzfristigen Erholung in den Jahren 2014 und 2015 nach unten. In Deutschland ist die Zustimmung zur EU seit 2004 um acht Punkte gefallen, in Frankreich sogar um 17 und in Spanien um 16 Punkte. Doch während in Deutschland immer noch gut die Hälfte der Bevölkerung der EU freundlich gegenüber steht, sind es in Spanien 47 Prozent und in Frankreich nur etwas mehr als ein Drittel. Den schwersten Stand hat die EU in Griechenland, wo nur 27 Prozent der Befragten der EU etwas Positives abgewinnen können. Die stärksten Befürworter der EU sitzen in Staaten, deren Regierungen durchaus im Clinch mit den Institutionen in Brüssel liegen: in Polen (72 Prozent) und in Ungarn (61).
Genährt wird diese negative Einstellung der EU gegenüber zu einem großen Teil vom Vorgehen Brüssels in der Flüchtlings- und der Wirtschaftskrise. So lehnen jeweils mindestens zwei Drittel der Bevölkerung das Agieren der EU in der Flüchtlingskrise ab und mit den Lösungsstrategien in der Wirtschaftskrise sind nur in Deutschland und Polen eine Mehrheit zufrieden.
Wie in der Einstellung der Briten zum Brexit ist auch bei der Haltung der anderen Bürger der EU gegenüber ein deutlicher Altersunterschied sichtbar. Je älter die Befragten sind, desto negativer ist ihre Sicht auf die Staatengemeinschaft. Während bei den 18 bis 34 Jahre alten Befragten außer in Griechenland jeweils mehr als die Hälfte der Befragten einen positiven Blick auf die EU haben, sinkt der Wert in sechs Staaten bei den über Fünfzigjährigen um mehr als zehn Prozent.
Im Gegensatz zur klaren Altersdifferenz gibt es keine eindeutige Trennung in Parteizugehörigkeiten. Sind in einigen Staaten die rechten Parteien euroskeptisch (der Front National in Frankreich oder die AfD in Deutschland) sind es in anderen Ländern eher linke Parteien, die der EU nichts abgewinnen können (Podemos in Spanien) oder gleich das ganze Parteienspektrum (Syriza und Nea Dimokratia in Griechenland).
Bezeichnend für die Einstellung zur EU ist die Haltung zum Ziel der immer weiter zusammenwachsenden Union. Im Februar hatte der britische Premierminister Cameron in Brüssel noch durchgesetzt, dass das im Vertrag von Rom festgesetzte Ziel nicht für Großbritannien gelten sollte.
Ein wichtiger Punkt, denn 65 Prozent der Briten sagen, dass das Land Kompetenzen aus Brüssel zurück auf die nationale Ebene holen sollte, während nur sechs Prozent der Meinung sind, eine weitere Kompetenzabgabe sei wünschenswert. Immerhin ein Viertel findet den Status Quo gut.
Mehr Widerstand in der Bevölkerung gibt es nur in Griechenland, wo 68 Prozent wünschen, Entscheidungsgewalt würde nach Athen zurückkehren. Dieses Bild setzt sich in den anderen Ländern fort. Die Euroskeptiker bilden – außer in Polen – die größte Gruppe, von einem Drittel bis zur Hälfte der Bevölkerung.
Einig sind sich die befragten Bürger auch bei einer ganz anderen Sache: nämlich, dass das Ausscheiden der Briten schlecht für die EU wäre. Die Schweden sind zu 89 Prozent dieser Ansicht, die Deutschen zu 74, die Griechen zu 65 und die Italiener noch zu 57. Wie Briten selbst darüber denken, wird sich erst in zwei Wochen zeigen. Für die Erhebung wurden sie nicht befragt.